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Pflichtberatung für Pflegende?

Sollten alle Angehörigen, die Leistungen der Pflegekassen in Anspruch nehmen, einer Beratungspflicht unterliegen? Das fordert unter anderem ein Professor aus Erlangen. Ich finde das ziemlich abschreckend und glaube, dass die Menschen dann auf ihnen zustehende Leistungen eher verzichten. Sehe ich das zu einseitig?

vignette_nosseck_bockVor kurzem habe ich eine interessante Veranstaltung zum Thema pflegende Angehörige moderiert. Was bei mir einen ziemlich Widerspruchsgeist geweckt hat, war die Aussage von einem der Teilnehmer an der Podiumsdiskussion, nämlich Prof. Gräßel. Der Leiter des Bereichs Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie von der Psychiatrischen Universitätsklinik Erlangen forscht seit Jahren zu dem Thema. Er ist auch kein reiner Theoretiker, denn er hat selber einen Pflegefall in der Familie erlebt, von dem er auch sehr intensiv berichtete. Außerdem steht er in engem Kontakt mit der Angehörigenberatung in Nürnberg, die sich vor allem in Zusammenarbeit mit der Alzheimer Gesellschaft um Familien kümmert, in denen ein Angehöriger an Demenz erkrankt ist.
Doch Gräßels Forderung, jedem Bürger, der Leistungen aus der Pflegekasse in Anspruch nimmt, eine Zwangsberatung durch wen auch immer angedeihen zu lassen, kam mir etwas realitätsfern vor. er argumentierte, dass nur 16 Prozent der pflegenden Angehörigen eine Beratung in Anspruch nehmen. Aber man wisse nicht, warum.
Ich kenne Menschen, die sind so stark eingebunden in die Versorgung ihrer Angehörigen, dass sie sich gar nicht um entlastende Angebote wie Tagespflege etc. kümmern können. Manche wollen das auch nicht, weil diese ganzen Dienste immer mit Zuzahlungen hinterlegt sind. Das Geld hat nicht jeder und die Kraft, sich durch den Instanzenweg in den Behörden zu kämpfen auch nicht.
Selbst ein Hausarzt muss sich zusätzlich qualifizieren, um Kuren für pflegende Angehörige überhaupt beantragen zu können, sagte auf derselben Veranstaltung Hausarzt Dr. Bernd Hensel.
Also müsste die Forderung aller, egal ob Arzt oder betroffener Angehöriger oder Universitätsprofessor doch eigentlich lauten: vereinfacht die Genehmigungsverfahren und befreit die Angehörigen von der Angst, dass sie eventuell eine Pflichtvormund verordnet bekommen, wenn sie zeigen, dass sie selber unter der großen Aufgabe der Pflege leiden.
Ich denke, mehr Beratungsangebote können nicht mehr helfen, zumal es an allen Ecken und Enden fehlt, an Kureinrichtungen für pflegebedürftige Senioren und ihre Angehörigen, analog zu den Mutter-Kind-Kuren und auch kostenlose Entlastungsangebote.
Schreiben Sie doch Ihre Erfahrungen als Angehöriger hier in die Kommentarfunktion. Ich würde mich über Rückmeldungen freuen.

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