Er hat sich einen jahrzehntealten Traum erfüllt: Franz Semlinger (77) aus Neunkirchen am Sand schrieb ein umfangreiches Sachbuch über »175 Jahre – Firmengeschichte FAUN«, die Fahrzeugfabriken Ansbach und Nürnberg. In 15 Kapiteln zeigt er den Weg des weltweit bekannten Unternehmens auf – von der Maschinenfabrik J. C. Braun in Nürnberg bis zur Übernahme durch den japanischen Kranhersteller Tadano in Neunkirchen am Sand im Jahr 1990.
Magazin 6+60: Wer Ihr Haus betritt, glaubt, er sei in einem Museum. Dutzende von FAUN-Modellen, Autos, Fahrzeuggestelle, Kräne, Busse, alte Firmenschilder, schön aufgereiht in Schränken und Vitrinen. Sind Sie ein Fan für alte Autos?
Franz Semlinger: Wir sind eine Sammler-Familie. Meine Frau interessiert sich für Krippen, ich bin mit dem Kraftfahrzeug-Unternehmen und seinen Produkten aufgewachsen. Schon als Kind spielte ich im Sandkasten mit 30 bis 40 Zentimeter großen Plastik-Autos von FAUN, heute besitze ich mehr als 100 Kleinmodelle. Ich kenne den Betrieb wie meine Westentasche. Schließlich war mein Vater dort 43 Jahre als Ausbildungsleiter beschäftigt. Ich habe in der Firma auch mehrere Praktika und Arbeitsvertretungen geleistet.
Ist das Ihr erstes Buch?
Ich habe schon mehrere Bücher geschrieben – für den Heimat- und Geschichtsverein Neunkirchen am Sand, dessen Vorsitzender ich 30 Jahre lang war. Der Verein gibt jedes Jahr ein »Neunkirchener Geschichtsheft« heraus über fränkische Heimatkunde, Kirche, Schule, Brauchtum in unserer Gemeinde. Da lag es für mich nahe, mich auch mit dem Thema »FAUN« zu beschäftigen. Ich bin dem Verein dankbar dafür, dass er als Herausgeber des Buches fungiert.
Wie lange haben Sie daran gearbeitet?
Was das eigentliche Schreiben betrifft, etwa ein Jahr lang. Doch sammelte ich bereits als Jugendlicher alle Zeitungstexte, Fotos, Gegenstände von Geschäften und Firmen über meine Gemeinde. Ich habe das Buch nicht nur für Autofreunde verfasst, sondern für viele Menschen in der Region. Ich wollte vor allem auf die Beziehungen der Firma zur Bevölkerung hinweisen. Denn das Unternehmen beeinflusste die Region stark, was Arbeitsplätze, Lehrlingsausbildung, Wohnungen und Geschäfte betraf. Der Ort Neunkirchen am Sand entwickelte sich innerhalb weniger Jahre vom kleinen Dorf zum Industrie-Standort. Die Einwohnerzahl stieg von 300 im Jahr 1944 auf zirka 1600 im Jahr 1960.
Warum machen Sie eine so akribische Recherche über eine 175 Jahre alte Firma?
Ich glaube, dass der Name des Unternehmens heute noch auf Interesse stößt. Weniger bei Jüngeren, für die der Name nicht mehr geläufig ist. Aber Ältere kennen die Fahrzeugtypen aus den 60er- und 70er Jahren wie Zugmaschinen, LKW, Muldenkipper, Flugfeldfeuerwehren, und bei der Bundeswehr: Panzer-Sattelzugmaschinen, Tankfahrzeuge oder den Geländekarren »KRAKA«.
Warum sind Sie nicht in die Fußstapfen Ihres Vaters getreten, sondern haben das Lehramt gewählt?
Ich wollte direkten Kontakt mit Menschen haben, deshalb studierte ich Pädagogik. Als Volksschullehrer beschäftigte ich mich besonders mit Themen wie Naturkunde, Heimatkunde und Geschichte. Schülern der 8. und 9. Klassen konnte ich bei der Berufswahl helfen, da ich in den Ferien selbst oft in der Industrie arbeitete, natürlich auch in den FAUN. Als Schulleiter knüpfte ich direkte Kontakte mit den Firmen und empfahl öfter geeignete Schüler.
Wie kam »FAUN« eigentlich von Nürnberg nach Neunkirchen?
Die Firma wurde 1845 in Nürnberg gegründet und hatte ein Zweigwerk in Ansbach. Bei einem Bombenangriff 1944 wurde das Werk in Nürnberg-Wöhrd restlos zerstört; es wurde ein neues Gelände außerhalb der Stadt gesucht. Man begann, in Schnaittach-Bahnhof auf einem Gebiet der Gemeinden Neunkirchen und Heuchling (heute Lauf) eine neue Produktionsstätte aufzubauen. Karl Heinz Schmidt, Besitzer der FAUN-Werke, wohnte in Vorra und fuhr täglich über Lauf nach Nürnberg. Als er eines Tages an der Autobahneinfahrt Lauf austreten musste, stellte er fest, dass die Heuchlinger Heide ideal für die Ansiedlung eines Gewerbegebiets wäre. Nach einigen Hindernissen gelang es ihm tatsächlich, dort eine größere Fläche zu erwerben. Noch vor Kriegsende wurden in einem Keller die ersten Reparaturarbeiten für Lastkraftwägen durchgeführt. Nach 1945 konnten große gebrauchte Eisenhallen erworben und hier aufgestellt werden, der Beginn der Produktion war geschafft.
Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren hier beschäftigt?
Beim Start 1944 in Neunkirchen waren zwölf Personen beschäftigt. Die Zahl stieg im Lauf der Jahre auf 2500, heute sind es etwa 600. In dem Unternehmen stellte man vor und nach dem Krieg Kommunal- und Spezialfahrzeuge für die ganze Welt her. Auch Omnibusse und Traktoren wurden gebaut. 1990 kaufte der japanische Konzern Tadano die FAUN-Werke.
Wo gibt es Ihr Buch zu kaufen?
Weil es als »Lokalbuch« gilt, bieten es große Buchläden in Nürnberg nicht an. Man kann es allerdings bei der Buchhandlung Jakob, bei Korn & Berg oder bei der Buchhandlung in St. Johannis in Nürnberg kaufen. Oder über meine Adresse (Preis: 20 Euro).
Interview: Horst Otto Mayer
Foto: Michael Matejka
Kontakt Franz Semlinger: Schulstraße 20 91233 Neunkirchen am Sand