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Vendée Globe in Zeiten des Lockdown

Hello All,

während wir seit Monaten mehr oder minder eingesperrt zuhause saßen, segelten die Vendée Globe-Teilnehmer einmal um die Welt. Mir erschien diese Regatta als das Kontrastprogramm schlechthin zu unserem Seniorenalltag im Lockdown-Modus: Ständige Bewegung, Tempo, offener Horizont, Wind und Wellen, täglich getrieben von ehrgeizigen Etmals und die Koordinaten der Ziellinie vor Augen. 45.000 Kilometer verwegene Fahrt über alle Weltmeere. Das radikale Gegenstück zum biederen „Daheimbleiben“, an der Kette des latent drohenden 15 Km Bewegungsradius. Wobei selbst ein Rentnerspaziergang im glitschen Matsch mehr Auslauf bot als das Gehangle über 18 Meter ebenfalls glitschigen Yachtdecks.

Doch gerade alleinstehende Senioren teilten sich mit den Regattateilnehmern die Erfahrung des monatelangen Alleinseins, reduziert auf Telekommunikation. Nur dass die einen freiwillig, zeitlich begrenzt alleine waren und jetzt als Helden gefeiert werden, während die anderen unfreiwillig, länger und ohne Applaus klarkommen müssen. Beide Gruppen klagen über Schlafstörungen, mieses Wetter, fade Kost und depressive Phasen. Offen sichtbar wurde der Mangel an Haarschnittmöglichkeiten zu Wasser wie zu Lande. Die Segler kämpften auf See gegen mächtigen Gischt, die Senioren gegen heimtückische Aerosole. Die einen fürchteten 12 Wochen im Dauerstress Kollisionen mit Schiffen, Walen und Treibgut. Die anderen ließen sich von flüchtigen Begegnungen mit zu nah erachteten Joggern, Radfahrern und Hundegassipflichtigen stressen. Die Regattateilnehmer rangen mit gebrochenen Foiles und Rissen im Segel, die Landratten mit gebrochenen Impfhoffnungen und gerissenen Lieferketten.

Vendée Globe-Segler und Pandemiespaziergänger ziehen schweigsam an ihren jeweiligen Gruppen aneinander vorbei. Nur in der Not, aber dann eben doch, würden selbst Corona-bewusste Spaziergänger einem Gestrauchelten zu Hilfe eilen, ähnlich wie es gute Seemannschaft verlangt. Übrigens, der bisher älteste Vendée Globe Segler, Rick Wilson, war 66 Jahre alt, als er diese besondere Form der Selbstisolation wählte.

Ihr Global Oldie

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