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Kaffee, Kuchen und ein offenes Ohr

Der Kaffee, den Susanne Scholl ausschenkt, stammt von der Nürnberger Rösterei Machhörndl.

Susanne Scholl hat Dienst in dem gemütlich eingerichteten Café, das etwas versteckt neben einem Kindergarten liegt. Mit einem Gast unterhält sie sich kurz, an einem Tisch neben dem Eingang sitzt eine Frau am Laptop und arbeitet. »Unser Café ist für jeden offen und wir freuen uns, wenn Menschen hier gern ein paar Stunden verbringen«, sagt Susanne Scholl und deutet in den von der Nachmittagssonne erhellten Raum.

Die 66-Jährige arbeitet ehrenamtlich im Marthacafé, das sich, wie der Name schon verrät, in der Marthastraße in Nürnberg in der Nähe der Nürnberger Versicherung befindet. Vom Hauptbahnhof aus ist es mit der Straßenbahn-Linie Nummer fünf oder elf leicht erreichbar.

Begegnungsort nicht nur für die  Nachbarn

Vor zehn Jahren, nachdem das neue generationenübergreifende Wohnprojekt hier fertiggestellt war, richteten Freiwillige das Café ein. Es sollte ein Begegnungsort werden – nicht nur für die unmittelbaren Nachbarn. Ein großer Teil der Einrichtung wie Kühlschrank oder Stühle wurde gespendet. Einzig die Kaffeemaschine musste neu angeschafft werden. Träger ist der Verein »Alle wirken zusammen«.

Das Projekt umfasst insgesamt 62 Mietwohnungen. Gegenseitige Unterstützung und ein freundliches Miteinander gehören zu den Kernpunkten. Die Mieter nutzen etwa einen Gemeinschaftsraum und pflegen zusammen die Außenanlage. Ein Café war zunächst nicht vorgesehen. Die Wohngemeinschaften bestehen aus Familien mit Kindern, Alleinerziehenden, Paaren und Alleinstehenden aller Altersgruppen. So bunt zusammengewürfelt wie die Bewohner sind auch die Ehrenamtlichen, die das Café am Laufen halten. Insgesamt sind es 25. Sie alle sorgen dafür, dass das Marthacafé unter der Woche (außer montags) sowie am Wochenende und an den Feiertagen geöffnet ist. »Ohne das gute Miteinander wäre das alles hier nicht möglich«, sagt Susanne Scholl.

Eine, die von Anfang an mit dabei ist, ist Ingegerd Ljungström, die ihre Wurzeln in Schweden hat und seit vielen Jahren in der Wohnanlage lebt. Die 82-Jährige verbringt einen Teil ihrer Freizeit gerne in dem Café, bedient die Gäste oder bereitet Essen vor. »Bei uns gibt es einen Plan, in den sich jeder und jede eintragen kann, wann er vor Ort helfen will oder kann. Wir haben zum Beispiel Ehrenamtliche, die backen und uns mit leckeren Kuchen beliefern«, zählt Ingegerd Ljung­ström auf. »Die Kuchen werden mit Dinkelmehl gebacken, im Angebot sind viele Bio-Produkte«, ergänzt sie.

Essen und Getränke aus der Region

Im Marthacafé gibt es Speisen, für die überwiegend saisonale und biologische Lebensmittel aus der Region verwenden werden. Ein Teil wird im Rahmen der solidarischen Landwirtschaft von Biobauern bezogen, die nicht mehr als 50 Kilometer von Nürnberg entfernt ihren Hof betreiben. Auch die Getränke kommen, wenn möglich, aus der Region. »Darauf sind wir stolz«, sagt Susanne Scholl.

Der Treffpunkt hat rund 45 Sitzplätze. »Es kommen viele Stammkunden, wir wünschen uns in Zukunft, dass auch jüngere Menschen vorbeischauen.« Die Räume können zudem privat gemietet werden, beispielsweise für Geburtstage oder Trauerfeiern. »Neulich hatten wir einen 30. Geburtstag hier, das war sehr schön«, erzählt sie. Auch über neue Ehrenamtliche würde sie sich freuen. »Wir haben hier eine entspannte Atmosphäre und jeder kann sich nach seinen Wünschen einbringen.« Gesucht werden Leute im Service, die bei Veranstaltungen helfen oder Kuchen backen.

Tisch der Begegnungen

Willkommen seien alle, »wir wünschen uns einen Ort, an dem sich Menschen begegnen und austauschen«, so die Ehrenamtliche. Das solle auch über das Quartier hinaus geschehen. Wer finanziell nicht so gut gestellt sei, bekomme Kuchen und Kaffee zu einem ermäßigten Preis. Neu sei, so Scholl, ein Tisch der Begegnungen. Er steht gleich am Eingang. »Hier können Gäste unverbindlich mit anderen Menschen ins Gespräch kommen.« Und wer gar nicht weiß, was er reden soll, kann sich ein Buch schnappen. Vor dem Café steht ein Regal mit Büchern, die die Vorbesitzer schon gelesen haben und nicht mehr brauchen.

Im Marthacafé gibt es auch regelmäßig Veranstaltungen – und zwar nicht nur für die Bewohner des Wohnprojekts, sondern für alle. Langweilig wird es in den kommenden Monaten nicht, der Kalender ist gut gefüllt: Es gibt Gesprächskreise und Dienstagslesungen, einen Stammtisch, einen Spieletreff, einen Ukulele- und Filmabend. Letzterer ist neu. »Wir sind gespannt, wie er angenommen wird«, sagt Susanne Scholl. »Es wäre schön, wenn wir neue Gesichter begrüßen könnten.« In der heutigen Zeit sei es wichtig, dass Menschen nicht alleine zu Hause sitzen, sondern gemeinsam Zeit verbringen. »Wir wollen hier auch etwas gegen die Vereinsamung tun«, sagt sie.

Text und Fotos: Melanie Kunze

Information

Öffnungszeiten des Marthacafés: Dienstag bis Freitag von 13 – 19 Uhr, Samstag/Sonntag/Feiertage von 14 – 17 Uhr

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