Das Themenspektrum ist riesig, die Machart vielfältig und oft kreativ: Podcasts werden immer beliebter, und das nicht nur bei Jüngeren. Doch was macht die Faszination dieser Hörformate aus? Darüber sprachen wir mit der Direktorin des Nürnberger Museums für Kommunikation, Dr. Annabelle Hornung.
Sie zeigen in Ihrem Haus fast alle Formen der Kommunikation, beginnend mit Hieroglyphen über Telefonie bis hin zum Internet. Haben Sie denn auch schon eine Ecke für Podcasts eingerichtet?
Wir stellen das Audioformat Podcast nicht aus, aber wir nutzen es, um unsere Inhalte zu vermitteln. Ein Beispiel dafür findet sich in unserem im Frühjahr 2023 neu konzipierten Bereich »Wie kommt Neues in die Welt« rund um das Thema »Journalismus«. Hier haben wir mit Studierenden der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, angehenden Journalisten, einen Podcast mit dem Titel »Newsdesk« aufgenommen, der sich mit Berichterstattung und Social Media beschäftigt.
Worauf würden Sie in einer Ausstellung über Podcasts besonders hinweisen?
Ich würde ähnlich wie bei der Präsentation des Telefons oder Radios darauf hinweisen, welche emotionale Kraft das Hören, also das Audio, hat. Kommunikationsformate, die – etwas salopp ausgedrückt – auf die Ohren gehen, werden nicht umsonst als unmittelbarer, näher und intimer wahrgenommen als Geschriebenes. Zudem würde ich auf die Themenvielfalt bei Podcasts hinweisen. Sie reicht von Dokumentationen über Politik bis hin zu Comedy oder populären Themen. Da gibt es für jeden ein passendes Format.
Ist ein Podcast überhaupt ein Kommunikationsmedium? Schließlich hört man ja nur zu, was doch ziemlich einseitig ist.
Podcasts sind oft Gespräche oder Interviews und somit auf jeden Fall eine Form der Kommunikation. Im Museum definieren wir »einseitige Medien«, also solche, die nur senden, auch als Kommunikationsmedien. Man denke an Massenmedien, wie Zeitungen, Radio und Fernsehen. Diese stellen wir auch in unserem Museum aus. Allerdings thematisieren wir nicht nur die technische Entwicklung, sondern auch ihre sozialen und gesellschaftlichen Effekte.
Früher gab es Hörbücher, die es auch immer noch gibt, aber Podcasts haben ihnen inzwischen wohl den Rang abgelaufen: Im Prinzip ist es ja ähnlich, aber was sind die wichtigen Unterschiede zwischen den beiden?
Auch Hörbücher und Hörspiele sind weiterhin beliebt und oft fester Bestandteil bei Radiosendern und in Kinderzimmern oder bei Autofahrten. Der Unterschied zum Podcast ist, dass es bei Hörspielen und -büchern eine oftmals literarische Textvorlage gibt. Bei Podcasts gibt es zwar auch eine Art von festen Elementen wie ein Intro zu Beginn, ähnliche Fragestellungen sowie eine bestimmte Art von Outro und Verabschiedung. Aber vom Ursprung her waren diese ohne Skript – so ähneln sie eher Radiosendungen. Zudem bringen Gäste und Interviewte eigene Perspektiven mit und tragen dazu bei, in welche Richtung die Gespräche in den Podcasts gehen. Heute hat sich das Audioformat natürlich professionalisiert und gehört fast schon zum Kanon der journalistischen Formate.
Was ist der Sinn und Zweck von Podcasts heute?
Ich würde lieber über den Mehrwert von Podcasts als über den Sinn sprechen. Es ist Unterhaltung, aber eben zugleich auch Weitergabe von Wissen. Für Menschen, die viel am Bildschirm arbeiten, ist Audiounterhaltung eine dankbar angenommene Abwechslung. Weitere Vorteile sind neben der Themenvielfalt die Flexibilität und die stete Verfügbarkeit zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dass Hörerinnen und Hörer örtlich ungebunden sind, ist ein weiterer Vorteil des Formats und fördert dessen Beliebtheit.
Geben Podcasts Menschen in einer Zeit, die von Reizüberflutung geprägt ist, ein paar Momente des Innehaltens?
Vielen Hörformaten hat die Zeit der Pandemie einen deutlichen Auftrieb gegeben. Die Menschen waren auf sich selbst beziehungsweise auf wenige Personen und sehr kleine Bewegungsradien zurückgeworfen. Vor allem Podcasts boten hier die Möglichkeit, der Krise zu entfliehen oder die Stimmung aufzuhellen. Natürlich bieten Podcasts auch immer Momente des Innehaltens und Zuhörens, wobei die meisten Menschen, die ich kenne, Podcasts hören, während sie etwas anderes machen, wie zum Beispiel Putzen, Abspülen, Spazierengehen, Auto oder Zug fahren.
Sind es eher Jüngere, die Podcasts hören, oder auch Ältere?
Es ist bekannt, dass mediales Internet, so sagt es auch eine aktuelle Online-Studie von ARD und ZDF, bei den unter 50-Jährigen deutlich mehr genutzt wird. Aber es nutzen auch vier von fünf Menschen in Deutschland altersunabhängig Audioinhalte aus dem Internet. Da ist auf Platz eins das Streaming von Musik, danach kommen direkt Podcasts.
Hören Sie selbst denn auch Podcasts?
Ja, ich höre auf dem Weg zur Arbeit und zurück immer Podcasts und im Zug auf Dienstreisen.
Und verraten Sie uns welche?
Im Moment höre ich gespannt und interessiert den Podcast »Tatort Kunst« im Deutschlandfunk. Darin geht es unter anderem um Kunstfälschungen, verschwundene Gemälde und Provenienzen. Dann höre ich gerne noch »Freiheit De Luxe« bei der ARD sowie den Podcast »Museumsbug«, was übersetzt »Museumskäfer« heißt und in dem das Team Museen besucht und anschließend darüber spricht.
Interview: Sharon Chaffin, Foto: Mile Cindric