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Inklusion – Leitbild für Enkelkinder mit Behinderung

vignette_mielenzInklusion, das ist seit der UN-Behindertenrechtskonvention (2008) das politische Leitbild für (auch noch ganz kleine) Menschen mit Behinderung mit dem Ziel ihrer allumfassenden Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Früher haben wir diese Ziele als Integration bezeichnet. So neu ist das alles daher nicht.
Seitdem der etwas sperrige Begriff der Inklusion um sich gegriffen hat, gibt es viele politische Bekundungen, Berichte und Pläne, wie Inklusion in Bildung, Arbeit und Gesellschaft umgesetzt werden kann. Was sich in Kindergärten (und Grundschulen) überwiegend noch unproblematisch gestaltet, bereitet an weiterführenden Schulen bei der gemeinsamen Unterrichtung von behinderten und nicht behinderten Kindern ziemliches Kopfzerbrechen.
Aber kann es eine Schule für alle geben? Und ist das wirklich für alle Kinder mit einer Behinderung gut und förderlich? Mal abgesehen von der Kompetenz der Lehrenden, von der notwendigen Assistenz und dem erforderlichen finanziellen Aufwand, auch die Behinderungen der Kinder sind nicht gleich.
Die verschiedenen Meinungen: In Baden-Württemberg z.B. kämpft eine Mutter dafür, dass ihr Sohn auf das Gymnasium gehen darf, damit er seine Spielkameraden behält, eine Chance, dem Unterricht zu folgen, hat er nicht. Andererseits gibt es einen Vater, der heute davon überzeugt ist, dass sein Sohn (mit Down-Syndrom) auf einer Förderschule viel besser aufgehoben gewesen wäre und seinen Hauptschulabschluss geschafft hätte. So hat er im Unterricht viel herumgesessen und eben auch nicht einmal das gelernt,
was ihn im Leben zu größtmöglicher Selbständigkeit geführt hätte. Und dann gibt es noch die Mutter, die klagt, dass sich ihr Sohn (auch mit Down-Syndrom) in der Schule total unwohl fühlt, weil er ständig merkt, dass er “anders” ist und was er alles nicht kann. Jetzt hat er sich einfach zurückgezogen und mag auch seine alten Freunde nicht mehr.
Wir wollen, dass Kinder möglichst individuell gefördert werden, Kinder sind nun einmal nicht gleich. Gemeinsamer Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderung ist ohne Zweifel eine wichtige Zielsetzung. Dabei darf “Inklusion” aber nicht zu Lasten der Kinder mit Behinderung gehen, zum “Kampfbegriff” werden.

3 Antworten

  1. Ja, Sie haben m. E. völlig Recht mit Ihrer vorsichtig formulierten Kritik an dem oft euphorisch gefeierten Inklussionsgedanken. Blinde oder taube Menschen haben eben eine andere Geschwindigkeit beim Lernen und Erfassen von Inhalten. Ob und in wie weit sich dies mit Inklusion bewältigen lässt, sei der Praxis überlassen. Aber die Voraussetzungen in der Praxis müssen eben auch stimmen – und das fehlt mir in diesem Text. Die Kommunen, Länder und der Bund müssen auch die Mittel dafür bereit stellen, sonst läuft das Ganze auf Kosten der Lehrer/innen, die dafür nicht einmal ausgebildet sind.

  2. Frau Mielenz und Ricki haben vollkomen recht. Die Inklusionseuphorie -alter Wein in neuen Schläuchen. Leider wird vergessen, das die professionellen Helfer seit Jahrzehnten, auch gegen gesellschaftliche Widerstände versuchen und zum Glück auch oft erreichen, das behinderte Menschen eine möglichst individuelle, d. h. maßgeschneiderte Möglichkeit zur Gestaltung ihres Lebens bekommen. Wobei der Schwerpunkt auf der Individuellen Förderung liegt. Mit wohltönenden Absichtserklärungen ist behinderten Menschen nicht geholfen.Die gesellschaftliche Akzeptanz ist weder generell vorhanden noch zu erwarten. Die nicht unerhebliche Bereitstellung der finanziellen Mittel läßt noch auf sich warten und wird nach meiner Erfahrung beim ersten volkswirtschaftlichen Knick nach unten in ein Koma verfallen.Das bedeutet nicht das wir in unseren Bemühungen nachlassen dürfen. Aber bitte mit Augenmaß und Realitätssinn und dicht an den Bedürfnissen und dem Bedarf behinderter Menschen orientiert.
    Walter

  3. eine inzwischen sehr alte Lebenserfahrung von mir sagt, dass man immer dann, wenn alle oder fast alle, jedenfalls sehr viele, nur noch in eine Richtung denken, solle man innehalten und sehr sorgfältig noch einmal ‘von vorne’ nachdenken. Schaue ich mir ‘den Markt der Inklusion’ an (also Fachtagungen und kaum noch zu überschauende Artikel in schulischen und sozialpädagogischen Fachzeitschriften) habe ich das Gefühl, dass das bei diesem sehr wichtigen Thema dringend geschehen muss, damit nicht Aktionismus den Menschen mit Behinderung schließlich schadet und die Helfer/innen aller Organisationen nicht überfordert, vor allem, dass nicht Bewährtes einfach wegen des Zwanges, ‘modern zu sein’, aufgegeben wird.

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