
Es war Zuneigung auf den ersten Blick. Eine Bekannte hatte das Ehepaar mitgenommen zu einem Treffen von Migranten, die eine Samstagsschule für ukrainische Kinder gegründet hatten. »Wir haben uns innerhalb von einer halben Stunde entschieden, dass wir das unterstützen wollen«, sagt Claus-Detlef Herdzin. Das tut er seitdem mit seiner Ehefrau Birgit Ullrich-Herdzin. Sie sagt: »Es ist uns eine Herzensangelegenheit, eine Bereicherung unseres Lebens.« Manchmal nennen Kinder sie Oma und Opa. Die Inspiration zur Stiftungsgründung kam einst vom Magazin sechs+sechzig. 2019 hatte Birgit Ullrich-Herdzin in einer Ausgabe ein Interview mit dem Nürnberger Unternehmer Alexander Brochier zum Thema »Anstiften zum Stiften« gelesen. Noch im selben Jahr gründete das Ehepaar die Ullrich-Herdzin-Stiftung. »Wir sind unfreiwillig kinderlos und wollten etwas Gutes tun«, erzählt der ehemalige IT-Manager Claus-Detlef Herdzin. Allerdings wurde das Paar erst einmal von Corona ausgebremst. Anfang 2023 stießen die beiden dann auf die ukrainische Samstagsschule namens »deinweg«. Träger ist der Ukrainische Bildungs- und Kulturverein Nürnberg.
Mehr als 100 Kinder
Die Schule hat im Oktober 2022 mit den ersten Unterrichtsstunden angefangen und hat heute über 100 angemeldete Kinder, vier Koordinatorinnen und 24 ehrenamtliche Lehrerinnen und Lehrer, davon zehn mit pädagogischer Ausbildung, wie Liuba Tkachuk berichtet. Sie ist die Schulleiterin und eine der Gründerinnen. Der Lernschwerpunkt liegt auf dem Deutschen, doch auch die ukrainische Sprache und Kultur werden gelehrt. »Wir wollen die Kinder hier integrieren, ohne dass sie ihre Wurzeln vergessen«, sagt Tkachuk. »Schließlich wollen viele Familien zurück in ihre Heimat.« Die Klassen sind aufgeteilt in Mutter-Kind-Gruppen, Vorschulgruppe, erste und zweite Klasse sowie altersgemischte Klassen.
Manche Kinder kamen traumatisiert an und haben trotzdem gleich unbekümmert gespielt. Andere brauchten besondere Zuwendung wie ein Vierjähriger, der Bombenangriffe miterlebt hatte. »Er hat sich in der Schule auf den Boden geworfen und geschrien. Sonst nichts. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin mit pädagogischer Ausbildung hat sich seiner angenommen«, erzählt die Schulleiterin. »Heute ist er ein kluger und lieber Junge.« Sprachen lernt der Mensch bekanntlich am liebsten spielend im gemeinsamen Tun, weshalb auch Kreativkurse wie Töpfern und Kalligraphie angeboten werden. Die Eltern können zudem ihre Sorgen mit in die Schule bringen, angefangen bei der Wohnungssuche über Behördenfragen bis hin zu Bewerbungen. Dazu bietet die Schule mitunter Vorträge zur richtigen Präsentation oder Beratung zu Finanzfragen.
Die Finanzierung ist freilich auch für die ukrainische Samstagsschule ein Dauerthema. Anfangs halfen die Deutsche Stiftung Ehrenamt und Engagement mit einer Finanzspritze und dann eben die Ullrich-Herdzin-Stiftung, die dem Projekt im Bedarfsfall wieder zur Seite stehen wird. Knackpunkt ist die hohe Belastung durch die Miete von 13 Unterrichtsräumen und zwei Büros bei der Noris Arbeit in der Allersberger Straße in Nürnberg. Die Stifter verhandeln derzeit mit der Stadt Nürnberg über eine bessere Lösung. Denn in der Gesamtrechnung reiche es nicht aus, dass alle Eltern Beiträge zahlen und die Mitarbeiter ehrenamtlich helfen. Das Projekt brauche günstigere Räume, sagt Liuba Tkachuk, die im Hauptberuf in der Messebranche tätig ist.
Das Ehepaar Ullrich-Herdzin seinerseits bereute es bisher keine Sekunde, das Nürnberger Vorhaben zu fördern. Das Motto: »Egal wie sich der Lebensweg der Kinder gestalten wird, die Verbindung zu Deutschland wird immer bestehen bleiben.« Claus-Detlef Herdzin freut sich über neue, viel jüngere Freunde, »mit denen wir uns auch privat treffen. So fühlen wir uns jünger.« Und Birgit Ullrich-Herdzin ergänzt: »Es ist eine Lebensbereicherung. Alexander Brochier hat wahrscheinlich recht, wenn er sagt: Stifter leben lange.«
Text: Angela Giese
Fotos: Masha Tuler
Spendenkonto Ukrainischer Bildungs- und Kulturverein Nürnberg e.V. IBAN: DE46 7602 0070 0031 2305 19 Verwendungszweck: Ukrainische Samstagsschule
Wechsel bei der Stiftungsinitiative
Mit viel Elan hat Dr. Ulrich Glaser als Leiter der Stabsstelle Bürgerschaftliches Engagement der Stadt Nürnberg und zuletzt als Geschäftsführer der Stiftungsinitiative die Anliegen der Stifter in die Öffentlichkeit getragen. Dabei setzte er seine Erfahrungen aus der Tätigkeit im Bereich bürgerschaftliches Engagement ebenso ein wie sein Talent, Menschen zu vernetzen. Zudem organisierte er Veranstaltungen wie den Nürnberger Stiftertag. Er fördert den Austausch zwischen Stiftern und sozial engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Somit knüpfen die Aktivitäten der Stifter-Initiative an die lange Tradition an, die mit der Heilig-Geist-Stiftung vor Jahrhunderten in der Stadt begann.
Jetzt ist Uli Glaser in den Ruhestand gegangen. Gleichzeitig hat sich der Zusammenschluss verschiedener Stiftungsverwalter umbenannt. Künftig firmiert sie unter dem Begriff »Stiftungsinitiative«. Teresa Döbrich wird künftig Ansprechpartnerin der Gruppe sein. Sie hat in den letzten fünf Jahren in der Stabsstelle Bürgerschaftliches Engagement und Corporate Citizenship im Sozialreferat der Stadt Nürnberg gearbeitet und dort unter anderem an Veranstaltungen der Stiftungsinitiative Nürnberg mitgewirkt. Erste Berührungspunkte mit Stiftungen hatte sie während ihres Studiums der Interdisziplinären Public und Nonprofit Studien an der Universität Hamburg. Sie ist im Referat für Finanzen, Personal und IT der Stadt Nürnberg erreichbar unter stiftungsinitiative@stadt.nuernberg.de