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Job-Buddys geben Starthilfe in den Beruf

Erfolgreiches Tandem: Theophil Graband begleitet den 17-jährigen Daniel.

Wie geht es mit Jugendlichen weiter, die die Schule ohne Abschlusszeugnis oder mit miserablen Noten verlassen? Welche Chancen haben sie, einen Ausbildungsplatz zu finden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Projekt »Job-Buddy« der Bürgerstiftung Nürnberg. Ein Dutzend Frauen und Männer versuchen als Paten, mit den Heranwachsenden gemeinsam Perspektiven zu entwickeln. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen: Jeweils ein Erwachsener begleitet einen Schützling 18 bis 24 Monate lang, pro Woche etwa eine Stunde.

Es ist kein ganz einfacher Weg, bei dem die Betreuer einen langen Atem, viel Empathie und Geduld brauchen. Zunächst geht es darum, dass sich das Tandem aus Erwachsenem und Heranwachsendem kennenlernt. »Wir müssen erst einmal Vertrauen aufbauen. Den jungen Leuten fehlt häufig die Unterstützung aus dem Elternhaus, sie haben sehr wenig Selbstvertrauen«, sagt Theophil Graband, der den 17-jährigen Daniel seit 18 Monaten coacht, »und man braucht selbst auch etwas Frustrationstoleranz, etwa wenn der Jugendliche zu einem vereinbarten Treffen einfach nicht kommt.«

Graband, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Nürnberg, und seine Mitstreiter beim Projekt »Job-Buddy« betreuen Jugendliche der Mittelschule im Nürnberger Stadtteil St. Leonhard. Hier leben viele sozial schwache Familien mit Migrationshintergrund, es gibt zahlreiche Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. An der Schule haben sich die ehrenamtlichen Helfer mit den Lehrkräften in Verbindung gesetzt, um herauszufinden, wer am dringendsten Hilfe braucht.

Das ABC einer erfolgreichen Bewerbung

Die erste Erfahrung: Es war nicht so, dass die Mittelschüler nur auf das Projekt »Job-Buddy« gewartet haben, um nun endlich bei der Suche nach einer Berufsausbildung loszulegen. Da musste erst einmal Motivation geweckt und ausgelotet werden, wofür sich die 16- und 17-Jährigen überhaupt interessieren. Daniel hätte gerne Mechatroniker gelernt, aber dafür hatte er in Mathematik nicht die benötigte Note. »Doch es stellte sich schnell heraus, dass der Autohersteller BMW für ihn das Größte ist«, meint sein Pate Graband, der ihm wichtige Tipps für ein Praktikum bei der Pkw-Niederlassung geben konnte: Eine ordentlich abgefasste Bewerbung abgeben, immer pünktlich und höflich sein, nicht mürrisch dreinschauen, sondern die Menschen anlächeln, fragen, wo man helfen kann – es gibt viele Signale, mit denen man starkes Interesse an einem Job deutlich macht. Graband ist Rentner, aber als früherer Chef der Team-Bank und erfolgreicher Manager kennt er natürlich das ABC einer erfolgreichen Bewerbung: »Beim Gespräch mit der Personalleitung soll man sich erst hinsetzen, wenn man dazu aufgefordert wird«, fährt der 70-Jährige fort, »man sollte sich nicht als erstes nach Bezahlung und Urlaub erkundigen. Die Jugendlichen sollen selbst Fragen stellen, um das Interesse an der Firma und der Arbeit zu unterstreichen«.

Seine intensive Beratung hat Früchte getragen: Daniel erhielt nach einem Praktikum im Teilevertrieb von BMW eine Auszubildenden-Stelle als Einzelhandelskaufmann. Er konnte zwar nur einen normalen Hauptschulabschluss vorweisen, aber sein Einsatz während des Praktikums hatte offenbar überzeugt. Das Unternehmen hat lediglich zehn Jugendliche von insgesamt 100 Bewerbern eingestellt – ein großer Erfolg für Daniel. Es habe definitiv etwas für ihn gebracht, beim Job-Buddy-Projekt mitzumachen, meint der 17-Jährige: »Ich bin sehr froh, dass für mich jetzt nach der Schule ein neuer Abschnitt begonnen hat. Die Arbeit gefällt mir, sie ist sehr vielfältig.« Er findet es »cool«, dass Theophil Graband ihm immer detailliert erklärt hat, welche Schritte notwendig sind: »Das Projekt hat mir geholfen, dass ich meinen Beruf gefunden habe.« Die ersten Wochen seiner dreijährigen Ausbildung sind vorbei und er freut sich auf das, was noch alles kommt.

Positive Erfahrungen

Beim ersten »Job-Buddy«-Kurs waren sechs Patinnen und Paten dabei, ein zweiter ist bereits angelaufen. Die erste Gruppe zieht eine positive Bilanz, alle sechs Mädchen und Jungen haben eine weiterführende Perspektive – auch wenn nicht alle einen Ausbildungsplatz in einem Unternehmen bekommen haben. Die Jugendliche, die Patin Lea Ebert betreut hat, wollte gerne Arzthelferin lernen, das Praktikum hat ihr Spaß gemacht. Gescheitert ist dieser Plan jedoch an ihren schlechten Schulnoten. »Ihr Wunsch ist, mit Menschen zu arbeiten«, sagt Ebert, »jetzt besucht sie zwei Jahre die Berufsförderschule, um Erzieherhelferin zu werden.« Der 27-jährigen Ehrenamtlichen war wichtig, im Lauf der Zeit ein sehr vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen: »Es war eine Entwicklung bei dem Mädchen erkennbar. Ich musste zwar schon hinterher sein, dass sie ihre Bewerbungen schreibt. Aber sie hat mich dann bei verschiedenen Sachen auch um meine Meinung gefragt. Sie war froh, dass sich überhaupt jemand für sie interessiert.« Gerade an positiver Zuwendung fehle es häufig, stellten die Paten insgesamt fest.

Für Lea Ebert war die Mitarbeit bei dem Projekt keine Einbahnstraße. Die Referentin der deutschen Unesco-Kommission für Evaluation und Qualitätsmanagement hat selbst von den Treffen profitiert. Sie habe gelernt, eine andere Perspektive einzunehmen und jemanden ganz konkret bei der Berufswahl zu unterstützen: »Ich hätte mich früher auch über eine Begleitung zur Berufsfindung gefreut. Mit der Jugendlichen bin ich gut ins Gespräch gekommen. Es hat mich gefreut, dass wir einen direkten Draht zueinander gefunden haben.« Sie ist mit ihr noch gelegentlich auf WhatsApp in Kontakt.

300 brauchen Betreuung

»Job-Buddy« sucht weitere Ehrenamtliche: Theophil Graband, der das Projekt initiiert hat, schätzt, dass allein in Nürnberg etwa 300 Heranwachsende dringend Hilfe brauchen. Und diese Zahl dürfte in Zukunft noch deutlich steigen. Der zeitliche Aufwand für die Paten ist überschaubar. Voraussetzung ist ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis. Interessierte erhalten eine Handreichung, wie sie mit den Jugendlichen umgehen sollen: Dabei geht es um Vertrauensaufbau, Orientierungshilfe, Suche von Praktikumsplätzen und Bewerbung sowie Begleitung bei der Ausbildung. Außerdem gibt es monatlich mindestens eine digitale Teamkonferenz, bei der sich die Paten über Fragen und Schwierigkeiten austauschen. Sie sind also bei ihrer Beschäftigung mit den Jugendlichen nicht auf sich allein gestellt. Wer mehr über eine Mitarbeit bei »Job-Buddy« oder bei einem anderen der 30 Projekte der Bürgerstiftung wissen möchte, kann sich mit einer E-Mail melden: info@buergerstiftung-nuernberg.de. Die Bürgerstiftung Nürnberg besteht seit 2001. Die Teilnehmer wollen mit ihrem Engagement deutlich machen, wie wichtig es ist, aktiv Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen – entweder durch eigenen Einsatz oder auch durch Spenden oder Stiften für bestimmte Vorhaben.

Noch ein Wort zu »Job-Buddy«: Geplant ist eine engere Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm, die gerade ein gemeinsames Konzept für Nürnberger Unternehmen erarbeitet. Es soll motivieren, Mitarbeiter als Patinnen und Paten zur Verfügung zu stellen. »Ein bis zwei Stunden pro Woche für diese sinnstiftende Arbeit, das lohnt sich für alle Beteiligten«, wirbt Theophil Graband. »Die Beschäftigten aus den Betrieben lernen viel an sozialer Kompetenz und Teamfähigkeit dazu.« Besonders freut sich der Ruheständler, dass das Projekt »Job-Buddy« beim Stiftungstag der Stadt Nürnberg überzeugt hat: Ein Ehepaar hat sein Testament zugunsten dieser Initiative abgeschlossen. Bei der jährlichen Veranstaltung der Stiftungsinitiative sollen Mäzene animiert werden, eine Stiftung zu gründen oder sich durch Zustiftung für ganz konkrete Projekte zu engagieren. Nähere Informationen zur Stiftungsinitiative gibt es beim städtischen Finanzreferat, Telefon: (0911) 231- 52 19.

Text: Hartmut Voigt
Foto: Claus Felix

Infos über die ­Stiftungsinitiative

Wer stiften will, muss kein Millionär sein und auch nicht gleich eine eigene Stiftung ins Leben rufen. Die Möglichkeiten, sich in eine Stiftung einzubringen, sind vielfältig und die Stiftungslandschaft in Nürnberg bunt. Das Spektrum reicht von der Förderung für Kunst und Kultur in Nürnberg über Wissenschaft und Forschung bis hin zur Natur- und Landschaftspflege und der allgemeinen Wohlfahrt. Es gibt Stiftungen, die sich um den Tierschutz in der Region kümmern, den Erhalt der historischen Ansicht der Stadt oder um die Schaffung und Pflege des Öffentlichen Grüns in Nürnberg. Andere haben den Menschen im Fokus, etwa Projekte und Maßnahmen, die das Leben älterer Menschen in Nürnberg erleichtern, oder die Förderung junger, bedürftiger Menschen.

Wer mehr darüber erfahren will, wie er mit seinem Geld mittels Stiftung etwas Gutes tun kann: Die Stiftungsinitiative Nürnberg veröffentlicht regelmäßig einen Online-Newsletter. Ziel ist es, potenzielle Stifterinnen und Stifter zu informieren, zu ermutigen und zu vernetzen. Der Newsletter wird per Mail mehrmals im Jahr versendet, er macht kurz und prägnant auf aktuelle Veranstaltungen, Stiftungsthemen und Entwicklungen rund um die Stiftungswelt aufmerksam. Unter www.stiftungsinitiative.nuernberg.de können sich Interessierte mit ihrer E-Mail-Adresse zu dem Newsletter anmelden. Sie erhalten dann per Mail einen Link, den sie bestätigen müssen, um dann für den Newsletter angemeldet zu sein. Angst, sich damit zu viel virtuelle Post einzufangen, muss man nicht haben. Am Ende jedes Newsletters erhalten Sie zukünftig einen personalisierten Link zur Abmeldung Ihrer E-Mail-Adresse. Ihre Anmeldedaten werden dabei komplett gelöscht und Sie erhalten keine weiteren Benachrichtigungen.

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