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Vom Genießer zum Wein-Experten

Walter Moßner (li.), Initiator des Projekts »Erlebnis Weinberg«, mit Winzer Werner Emmerich.

Man kann den Wein genießen, sich an seinem Glanz im Glas erfreuen, am Bouquet und vor allem am differenzierten Geschmack. Man kann ihn aber auch studieren, sich mit den Rebsorten und ihren Anforderungen befassen, mit den verschiedenen Böden, dem Wetter, das so entscheidend ist für den Erfolg eines Jahrgangs, und der Kelterung und Reifung. Walter Moßner vereint beides schon seit zwei Jahrzehnten. Der Nürnberger hat das Projekt »Erlebnis Weinberg« ins Leben gerufen, bei dem Weinfreunde ein Jahr lang die Entstehung eines Jahrgangs begleiten und aktiv mitarbeiten, bis der neue Wein abgefüllt und etikettiert wird.

Seine Wurzeln hat Moßners Projekt im Jahr 2003. Damals gewann er mit dem Slogan »Der mit der Sonne tanzt« einen Ideenwettbewerb des Fränkischen Weinbauverbands für die Vermarktung des Franken-Silvaners. Als Gewinn erhielt er 1000 Quadratmeter Weinberg für ein Jahr und den Ertrag daraus. Die Mitarbeit im Weinberg faszinierte ihn, und so begann er, auch andere für die Idee zu begeistern, das Winzern aus nächster Nähe zu erleben. Auch nach zwei Jahrzehnten hat für den früheren Grafik-Designer die Arbeit im Weinberg nichts an Faszination verloren. »Ich empfinde das als Entspannung, da bin ich nah dran an der Natur, ich höre die Vögel zwitschern und bekomme klebrige Finger von den Trauben«, schwärmt der 68-Jährige.

Jedes Jahr ein neuer Winzer

Jedes Jahr sucht sich Moßner einen Winzer, der den interessierten Weinliebhabern zeigt, was er das ganze Jahr über macht – angefangen vom Rebschnitt, der im Februar abgeschlossen sein muss, bevor die Pflanzen austreiben, über die Bearbeitung des Bodens im Frühjahr, die Pflege der Reben über den Sommer und schließlich die Lese und Kelterung im Herbst.

Im kommenden Jahr arbeitet Moßner mit dem Weingut Emmerich aus Iphofen zusammen, bereits zum dritten Mal. Winzer Werner Emmerich hat Freude daran, die Besucher hinter die Kulissen schauen zu lassen, Vorurteile über den Weinbau auszuräumen (»Wir zeigen, dass wir keinerlei Gifte verwenden«) oder auch deutlich werden zu lassen, wie schweißtreibend die Arbeit sein kann, etwa wenn man 5000 Löcher in die Erde graben muss, um junge Rebstöcke zu setzen.

Qualität statt Menge

In allen Phasen des Weinjahres sind die Teilnehmer aktiv dabei und arbeiten tageweise mit; insgesamt gibt es ein halbes Dutzend Termine. Und ganz nebenbei lernen sie dabei alles Mögliche über Bodenbeschaffenheit, Klima, natürliche Schädlingsbekämpfung und den Ausbau des Weines im Keller.

Werner Emmerich, der den Betrieb in fünfter Generation führt, freut sich jeden Tag über seinen schönen Beruf, den er bereits an die nächste Generation weitergibt. »Ich genieße es immer noch, allein mit meiner Arbeit im Weinberg zu stehen«, sagt der 66-Jährige. Allerdings ist das Geschäft nicht leichter geworden in den letzten Jahren. Der Klimawandel sorgt für immer kürzere Vegetationszeiten, die Lese beginnt früher als in der Vergangenheit. Weil er, wie viele seiner Kollegen, auf Qualität statt Menge setzt, brauchen auch die Reben mehr Pflege und schlechte Trauben müssen bis kurz vor der Lese ausgeschnitten werden. Das sorgt für Stress. Ein anders Problem ist, dass Steillagen kaum mehr profitabel zu bewirtschaften sind. Für den Maschineneinsatz kommen sie nicht infrage, und Arbeitskräfte sind rar und teuer.

90 frisch abgefüllte Flaschen

Der Lohn für die mühevolle Arbeit winkt Ende Oktober, wenn beim »Niederfall«, dem Erntedank der Winzer, das Ende des Weinjahres gefeiert wird. Ein halbes Jahr später schließlich, im April oder Mai, bekommen die Teilnehmer 90 frisch abgefüllte Flaschen »ihres« Jahrgangs mit nach Hause: Silvaner, Weißburgunder, Scheurebe oder Domina, Rosé, Rotling und andere typisch fränkische Sorten.

Für den Weinbauer Werner Emmerich hat da die Arbeit für den Jahrgang 2026 schon längst wieder begonnen, denn das ist das Erste, was er den interessierten Weinfreunden gleich am Anfang erzählt: »Der Bocksbeutel hängt nicht schon am Rebstock.«

Text: Georg Klietz

Information

Das nächste »Erlebnis Weinberg« startet am 22. Februar 2025. Information und Anmeldung bei Walter Moßner, www.erlebnis-weinberg.de, waltermossner12@gmail.com, Telefon: 0172/1380065.

Weingut Emmerich, Einersheimer Str. 47, 97346 Iphofen, www.weingut-emmerich.de

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