Claus Ebeling (58), evangelischer Pfarrer im mittelfränkischen Lichtenau, ist glücklich, er fühlt sich erleichtert und dankbar. Der Grund: Rund drei Jahre haben er und über 100 Freiwillige aus der Region – darunter Menschen zwischen 20 und 85 Jahren, Profi-Autoren aus der Mundartszene sowie Neulinge – an der »Fränggischen Bibl« gearbeitet. Nun ist der erste Band, die fränkische Fassung des Neuen Testaments, mit fast 600 Seiten fertig. Das Alte Testament ist bereits in Arbeit. »Die Glückwünsche nehme ich für alle entgegen, die an der Übersetzung mitgearbeitet haben. Das ist ein Gemeinschaftswerk, keine Einzelleistung von mir«, stellt Ebeling fest, der auch Vorsitzender des Vereins MundArt in der Kirche ist.
Auf die Frage, was so ein Mammutwerk bewirken soll, wird der Theologe praktisch: »Die Texte werden zum Beispiel in den Mundartgottesdiensten eingesetzt. Dort kann man auch einmal mit Schmunzeln einem Bibeltext begegnen«, sagt der leidenschaftliche Franke. Damit sollen die Menschen wieder einen neuen Bezug zum Glauben bekommen. Ein Bibeltext müsse nicht spröde sein. »In der Dialekt-Version kann man eine neue Erfahrung mit dem Glauben machen. Viele Leute sind gerührt, erzählen, dass sie endlich einmal wieder etwas von der Predigt verstanden haben«, so der Pfarrer. Die Mundarttexte kämen viel näher an die Zuhörer heran, berührten sie intensiver.
Als Beispiel, welche Bibelstellen er auf fränkisch schöner und deutlicher findet, nennt Pfarrer Ebeling die schwierigen und komplizierten Aussagen im Brief des Paulus an die Römer. Die teilweise langen Schachtelsätze kann man mit der Mundart in kleine Häppchen zerlegen und sie so »seiner Nachbarin über den Zaun« verständlich machen. Damit ist die Mundart nahe dran an der sogenannten leichten Sprache und das helfe sehr, Kompliziertes aus der Bibel zu verstehen.
A richdicher Mensch gwordn
Hier noch ein Beispiel für die Übersetzung eines Textes ins Fränkische: In der Lutherbibel aus dem Evangelium nach Johannes Kapitel 1, Vers 14 steht: »Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« Ins Fränggische übersetzt klingt das so: »Des Word is a richdicher Mensch gwordn und had mid uns glebd. Und mir ham gsehng, wie herrlich des Word is, so unglaublich schee, des konn blos Godd seim Sohn gebm. Mir ham goddliche Gnade und Wahrheid in ihm sehng konna.« Sicher erreiche man auf dem Land, wo noch viel Dialekt gesprochen wird, die Gemeindemitglieder eher als in den Städten, sagt Ebeling. Vor allem die Generation 60 plus, die oft im Umland der Städte lebt, lasse sich durch die Bibel auf Fränkisch gut ansprechen. Das werde leider von den Kirchenoberen oft belächelt. Finanzielle oder ideelle Anerkennung gebe es keine. Der Verein bekommt keine Zuschüsse und der Vorsitzende nimmt sich Urlaub für die Vereinsarbeit.
Doch zurück zur Übersetzung: Wie hat das Team bei der Arbeit an den Texten das Unter-, Mittel- und Oberfränkische zusammengebracht? »Ich habe dazu im Vorwort geschrieben, dass wir jede Dialektform so belassen haben, wie sie der jeweilige Übersetzer vorgab. Da steht reinstes Unterfränkisch neben Bibelworten, wie sie in der Schweinfurter Gegend klingen, oder dem Dialekt aus Rohr in Mittelfranken«, berichtet Ebeling. Was ihn freut: »Es haben auch fast 30 Katholiken und Katholikinnen an der Übersetzung mitgearbeitet.«
Auch Jesus sprach Dialekt
Auch Jesus habe Dialekt gesprochen, und zwar Aramäisch. Sein bekanntestes im Neuen Testament auf Aramäisch wiedergegebene Zitat ist der Ausruf am Kreuz: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«
Froh war Claus Ebeling darüber, dass es kaum Kritik am Dialekt-Projekt gab. Das belege auch, dass alle Übersetzer mit viel Ehrfurcht an ihre Arbeit herangegangen sind. »Sie sind immer sehr nah am Text geblieben.« Aber durch das Übertragen in die Mundart sei aus dem verschriftlichten Text eine erzählendere Version geworden.
Den Trauspruch der Autorin hat übrigens eine 88-Jährige Dame aus der Rhön übersetzt. Als Fürtherin hatte sie schon Mühe, ihn beim Vorlesen durch Claus Ebeling zu verstehen: Er steht in der Lutherbibel im ersten Brief des Paulus an die Korinther, Kapitel 15, Vers 58: »Daswache, geliebde Brueder, sed standhafd un unerschüdderli, nahmd immer eifrier am Werg des Herrn tal, un dengd dra, dass in em Herrn euer Muhe nid vergawes is.« Aber Fränkisch hat halt viele Facetten. Und: Schee is es allemal.
Text: Karin Jungkunz
Foto: Michael Matejka
Information: »Die Fränggische Bibl: Das Neue Tesdamend. Mit Bildern aus Franggn«, Verlag Friedrich Pustet, 28 Euro