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Das war schick: der Eurocheque

Wenn man in früheren Zeiten ins Möbelhaus oder zum Elektrohändler fuhr, sich beraten ließ und schließlich, wenn man sich entschieden hatte, zum Bezahlen an die Kasse ging, fragte man häufig: »Kann ich Ihnen einen Scheck ausstellen?« Dann holte man aus der Mantel- oder Handtasche das längliche Plastikheftchen hervor und füllte einen der darin aufbewahrten Vordrucke aus.

Der Eurocheque stellte eine große Erleichterung dar. Man musste nicht mehr große Mengen Bargeld mit sich herumtragen, wenn man eine größere Anschaffung tätigen wollte. Das Formular in Verbindung mit der EC-Karte, die einen als rechtmäßigen Eigentümer des Kontos auswies, genügten, und schon war der Scheck so viel wert wie bares Geld. Anders als die bis dahin üblichen Barschecks und Anweisungen war der Eurocheque ein garantiertes Dokument. Der Scheck-Nehmer konnte also sicher sein, dass ihn die Bank einlöst, selbst wenn das Konto nicht gedeckt war.

Eingeführt wurden die Eurocheques 1969. Zu dieser Zeit waren bereits immer mehr Unternehmen dazu übergegangen, ihren Angestellten nicht mehr am Freitag nach Dienstschluss eine Lohntüte in die Hand zu drücken, sondern Lohn oder Gehalt monatlich auf ein Girokonto zu überweisen. Auch Renten und Pensionen wurden bargeldlos ausbezahlt. Plötzlich waren nicht mehr so viel Münzen und Scheine im Umlauf, und es musste eine Alternative zum Bargeld her, wenn man nicht vor jedem größeren Einkauf zur Bank oder Sparkasse gehen sollte, um Geld abzuheben. Auch Urlaubsreisen wurden durch den Scheck einfacher, weil man sich vor Ort in einer Bank Geld holen konnte. Die Angst vor aufgebrochenen Autos oder geklauten Handtaschen war ja auch schon zu dieser Zeit keineswegs unbegründet.

Deutschland, Österreich und die Schweiz, die Benelux-Länder und Lichtenstein gehörten zu den ersten Ländern, die sich auf das grenzüberschreitende System einigten. Man konnte die Eurocheques aber auch schon in Frankreich, Italien und Spanien einlösen. Bis zum Ende des ec-Systems schlossen sich insgesamt 46 Länder aus Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten an. Selbst in der DDR wurden die Formulare ab Ende August 1986 akzeptiert.

Nach und nach verlor der Eurocheque aber an Bedeutung. Man konnte mit der ec-Karte Geld am Automaten oder im Geschäft bezahlen. Seit 2002 ist der Eurocheque Geschichte.

So praktisch die blauen ec-Formulare für die Verbraucher waren, so lästig waren sie im Grunde für die Banken. Die vom Kunden per Hand ausgefüllten Schecks konnten nie maschinell bearbeitet werden. Das musste immer per Hand erledigt werden und war folglich teuer. Für die Banken waren die Eurocheques daher stets ein Zuschussgeschäft. Auch der Scheckbetrug – ein Wort, das aus unserem Sprachschatz verschwunden ist – trieb die Kosten für die Banken in die Höhe, denn ein einmal ausgestellter Scheck stellte eine Garantie dar.

Seit 2002 vertrauen wir also nur auf Bar- und Plastikgeld. Besser ist die Welt dadurch nicht geworden. Die Ganoven haben sich längst neue Methoden ausgedacht.

Text: Georg Klietz
Foto: Wolfgang Gillitzer

Das Magazin sechs+sechzig stellt regelmäßig ein Stück vor, von dem man sagen kann: Das war schick. Wir freuen uns über Einsendungen aus der Leserschaft. Bitte schicken Sie uns Ihre Anregung an: info@magazin66.de

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