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Das war schick: der Autoaufkleber

Ente mit einem Anti-Atomkraft-Aufkleber am Heck. Das Kennzeichen wurde geändert.

Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.« Als Weissagung der Cree, eines indigenen Volkes in Amerika, bezeichnet man diese Zeilen, die in der Umweltbewegung in den 1980er Jahren oft zitiert worden sind. Es soll aber nicht um den Spruch als solchen gehen, obwohl dieser eine verworrene und faszinierende Geschichte hat. Diese Mahnung an die entwickelte Industriegesellschaft prangte ironischerweise häufig dort, wo Umweltbelastungen entstehen: am Heck eines Autos.

Es ist heute kaum mehr vorstellbar, dass das Auto eine Werbefläche für die eigene politische Gesinnung, für weltanschauliche Einstellungen oder für einen erhobenen moralischen Zeigefinger ist. Heute finden sich auf der Rückseite des Wagens bestenfalls noch Hinweise auf den bevorzugten Fußballclub. Aber politische Bekenntnisse? Eher nicht. Warum nur? Weil es dem Lack schadet? Oder weil man heutzutage fürchten muss, Angriffsfläche zu bieten und jemand mit dem Schlüssel die Tür zerkratzt? Oder weil man keine Roststellen mehr abdecken muss?

Das war in den Achtzigern noch ganz anders. In Erinnerung sind noch VW Käfer, R4 oder auch »Enten«, die über und über beklebt waren. »Ich bin Energiesparer«, »Atomkraft? Nein danke« oder der stilisierte Fisch als Jesus-Zeichen waren populär. Der Sticker »Ein Herz für Kinder« fand auch den Weg auf bürgerlichere Karossen. Aber das war ja auch eine Aktion des Springer-Verlags und der Bild-Zeitung. Ebenso pappten die Umrisse der Nordseeinsel Sylt selten auf französischen Kleinwagen.

Besonders verbreitet aber war die rote Anti-Atomkraft-Sonne. Laut Wikipedia hatte die dänische Studentin Anne Lund im Jahr 1975 das Logo mit dem Slogan »Atomkraft? Nej tak« entworfen. Zuerst wurden davon 500 Buttons angefertigt, die sich Demonstranten zur Maikundgebung an ihren Parka heften konnten. Nur zwei Jahre später gab es schon eine Million Buttons in 16 Ländern und heute zählt die freundliche Sonne zu den bekanntesten Logos der Welt. Nur von den Autos ist das Bekenntnis verschwunden.

Text: Georg Klietz
Foto: Thomas Trutschel/photothek.net

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