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Schwerelos im Alter

Hello All, Stan Waterman* ist 88 Jahre alt, auf einem Auge erblindet, trägt sechs Titanschrauben in der Wirbelsäule, lebt mit einem verkürzten Enddarm – und taucht mit Begeisterung. Wegen der Schwerelosigkeit unter Wasser, sagt er; dieser so unglaublich erholsamen Leichtigkeit, die Tauchen seinem alten Körper beschert. Ich kann Stan nur beipflichten, selbst wenn ich 20 Jahre jünger bin. Auch an mir zerrt die Schwerkraft schmerzhafter als früher; Muskeln, Rücken und Gelenke wirken bisweilen grundlos angestrengt. Ganz anders beim Abtauchen. Seit meiner Jugend bin ich Gelegenheitsfreitaucher; im Unterschied zu Stan, ohne Atemapparate unterwegs. Nur mit Taucherbrille, Schnorchel, Flossen, so nötig mit Neoprenjacke, und Bleigürtel geht’s hinab ins Blaue, bis mir der Mut oder spätestens die Puste ausgehen. Entsprechend austariert, reicht ein Flossenschlag, mich hinab gleiten zu lassen. Bis aufs Knacken in den Ohren Stille. Selbst der Tinitus verstummt. Zeitlupenartig treibe ich an bewachsenen Felswänden entlang oder gleite über dem Grund. Mehr noch als die Unterwasserfauna und Flora genieße ich dabei das Schweben und die Leichtigkeit des Körpers. Für Bruchteile einer Minute komme ich mir völlig alterslos vor. Diese Augenblicke lohnen noch immer, selbst wenn die Lungen nun viel schneller nach Frischluft gieren. Für die schwerelosen Momente muss ich nicht ans Rote Meer oder Malediven, auch wenn es dort besonders schön ist. Solange mir warm genug und das Gewässer vertrauenserweckend ist, tun es auch näher gelegene Gestade. Die Schwerelosigkeit unter Wasser kennt keine Grenzen, nur erleichterte Senioren aller Nationen. Unbedingt zu empfehlen – und Alter ist keine Ausrede; siehe Stan.
Ihr Global Oldie
*Stan Waterman, „Thumps up for seniors diving“, im Magazin “Diver” vom 11.11.2012

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