Kürzlich habe ich geerbt. Neben etlichen anderen Dingen, die zum Teil nützlich sind, zum Teil Erinnerungen an die Kindheit auslösen, gehört auch eine Pflanze dazu. Sie war in den letzten Wochen etwas, um die sich meine hochbetagte Mutter noch intensiv gekümmert hat. Ihr war es ganz wichtig, dass diese Pflanze von der nächsten Generation, also mir, gepflegt wird. Es handelt sich um einen sogenannten Osterkaktus. Dieser stand schon in der Blumenkrippe auf der Veranda im Haus meiner Großeltern. Und meine Urgroßmutter hat diese Pflanze ebenfalls schon gegossen.
Natürlich habe ich den alten Wurzelstock mit zu mir nach Hause genommen und nun steht die Pflanze am Fenster. Sie ist nicht wirklich schön. Aber sie treibt junge kleine Blätter aus und ein Ast hat sich proper entwickelt. Das liegt vielleicht daran, dass ich sie mit dem Tonteller umgezogen habe, der offenbar auch schon seit hundert Jahren unter der Pflanze steht. Dieser wird mit Wasser gefüllt. Dieses Wasser saugt die Pflanze nach und nach auf. Wenn ich sie von oben gieße, ist das ok, aber eigentlich nicht das Richtige. Sie wirft dann immer ein oder zwei kleine Blätter ab und drückt so ihr Mißfallen aus. Fülle ich dann die Tonschale auf, ist wieder alles gut. Was ich daraus schließe? Einer alten Pflanze kann man schon einen Ortswechsel zumuten, aber man sollte immer darauf achten, auch die Dinge mitzunehmen, an die sich die Pflanze gewöhnt hat.
Generell glaube ich, dass Haustieren inzwischen relativ große Beachtung geschenkt wird, wenn sie mit betagten Menschen unter einem Dach leben. Pflanzen aber eher nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir mal jemand etwas über eine geerbte Pflanze erzählt hätte. Eigentlich schade.
Auf jeden Fall hoffe ich, die Gute noch etwas am Leben erhalten zu können. Irgendwie gehört sie doch zur Familie.