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Wiedersehen nach 40 Jahren

vignette_nosseck_bockSo kitschig wie in mancher Fernseh-Soap verlief mein Wiedersehen nach etwa 40 Jahren nicht. Aber es war sehr aufschlussreich und auch ernüchternd. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war ich ein Teenager und musste mich von ihnen trennen. Denn ich war aus dem Alter raus, in dem man sich mit sowas noch abgibt. Außerdem stand ein Umzug an. Daher wurden meine geliebten Puppen in ein Puppenbett gepackt und dieses in einem Umzugskarton verstaut.

In dem neuen Zuhause wanderte der Karton zunächst in den Keller. Den nächsten Umzug meiner Eltern überstanden sie wohlverpackt. Meine Interessen lagen längst woanders. Dann schlummerten sie sanft auf dem Dachboden im der hintersten Eck. Erst jetzt, als ich den Hausstand meiner Eltern auflösen musste, weil das geerbte Haus renoviert und vermietet werden soll, wurde ich unruhig. Ich habe beim Entrümpeln vieles gefunden, das mich an meine Kindheit erinnert. Von alten Wunschzetteln über abgegriffene Heftchen mit Weihnachtsliedern, die meine Schwestern und ich auf der Blockflöte intoniert hatten bis hin zu Unmengen von Fotos. Meine Eltern gehörten der Generation Papier an. So viele Ordner voller Zeitungsausschnitte zeugen davon. Das meiste wurde aussortiert. Wer braucht so etwas noch im Internetzeitalter, wo wir über Google doch fast alles innerhalb von Sekunden finden, was wir wissen möchten.

Das Haus wurde immer leerer und die Puppen samt Puppenstube blieben verschwunden. Doch dann fand ich sie und war einen Moment beglückt und gerührt. Ich hatte ganz genaue Vorstellungen davon, wie die Puppen aussehen. Doch welche Überraschung. Die Puppen hatten zerknautschte Haare und sahen etwas mitgenommen aus. Fast als ob sie in den 40 Jahren auch gealtert wären. Ihre Schlafaugen funktionierten noch prima. Die Mama-Rufe, in den 60er Jahren der letzte Schrei, waren verstummt. Wahrscheinlich haben sich die Puppen dasselbe gedacht: Mensch ist die alt geworden. Aber Puppen können ja zum Glück nicht wirklich sprechen.

Jetzt lagern sie bei mir auf dem Dachboden. Wenn ich etwas Zeit habe, werde ich sei säubern. Komisch,dass man die alten Spielkameraden nicht entsorgen kann. Aber es ist so.

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