Er ist eine Legende nicht nur in der fränkischen Rock-Szene: Peter Harasim, 42 Jahre lang einer von drei Geschäftsführern des von ihm mitgegründeten Concertbüros Franken (CBF). Der 69-Jährige kennt unzählige Rock-Größen persönlich – und er wuchs mit Musik auf. Daher ist er stolzer Besitzer einer riesigen Schallplatten- und CD-Sammlung der ideale Gesprächspartner, um auf der Messe inviva über LPs, EPs und Singles zu fachsimpeln.
»Es dürften etliche tausend sein«, sagt er über seine Sammlung. »Ich habe sie noch nie gezählt. Mich wundert es, dass meine Frau das so hinnimmt, dass alles voller Tonträger ist«, sagt der Rock-Fan, der selbst mit der Formation Ramrods in der Region auftritt. »Ich wurde glücklicherweise in eine Familie hineingeboren, in der es schon viele Platten gab. Mein Vater arbeitete unmittelbar nach dem Krieg bei den Amerikanern. Als ich klein war, hatte er im Freundeskreis viele GIs, die abends mit ihren Schätzen kamen. Ich war wohl der einzige Junge in der Nürnberger Siemensstadt, der Besuch von Jeeps bekam. Das hat mir imponiert.«
Was hörte der Vater so? Peter Harasim erinnert sich: »Ich wusste mit vier schon, wer Ella Fitzgerald ist. Aber natürlich auch Peter Kraus, Freddy Quinn, Elvis Presley – auch Caterina Valente, das war das Spektrum, dazu Glenn Miller, Frank Sinatra und Bing Crosby. Fats Domino hat mich als Kind total begeistert – mein Vater war dann unglaublich stolz, als sein Sohn diesen Fats Domino später in die Meistersingerhalle holte, da saß er neben mir in Reihe fünf.«
Lange Zeit trennten sich allerdings die musikalischen Wege und Leidenschaften von Vater und Sohn – generationenbedingt. »Mein Vater sagte mir mal, er habe einen folgenschweren Fehler gemacht. Als ich ungefähr neun war, brachte er mir eine EP (Extended Play) mit vier Songs von den Beatles. Von da ab war es aus mit gemeinsamer Musik: Erst die Beatles, dann die Stones.« Ein weiteres Jahr später, 1965, kam der Bruder eines Freundes mit einer Platte unterm Arm mit richtig finsteren Gesellen auf dem Cover. »Solche Typen hatte ich zuvor noch nie gesehen. Dass Männer so rumlaufen können…«, blickt Harasim zurück. »Das waren natürlich die Pretty Things, und das erste Lied von ihnen, das ich hörte, war ›Roadrunner‹. So etwas hatte ich noch nie gehört. Es war laut, ein langhaariger, kreischender Sänger – ich empfand sofort Sympathie zu dem Typen. Aber mein Vater war entsetzt, ich durfte keine Platten mehr von ihnen kaufen. Dann kam der Beatclub im Fernsehen – und dort traten die Pretty Things auf. Mein Vater kam zur Tür rein, schüttelte den Kopf – und sagte: So wie die wirst du nie ausschauen. Seitdem war es natürlich mein Ziel, genau so auszusehen.«
Frontmann wurde Freund
Das gelang Harasim rasch – seine lange braune Haarpracht gehört heute noch zu seinem Erkennungszeichen. Und es wurde mehr daraus als eine reine Fan-Bewunderung für Pretty-Things-Frontmann Phil May: »Keiner konnte wissen, dass genau dieser langhaarige Sänger einer meiner besten Freunde werden würde. Ich wurde später der Booking Agent meiner Lieblingsband, das war wie ein Sechser im Lotto. Wir haben ab dem ersten Moment der Zusammenarbeit diese enge Freundschaft verspürt, er übernachtete bei uns, ich bei ihm.« May starb 2020, »viele Weggefährten gehen nun nach und nach«, stellt Harasim fest.
Seine erste eigene Platte war die Beatles-EP. »Und für jeden Einser, den ich geschrieben hab, bekam ich von meinen Eltern eine Beatles-Single – ich hab eine dicke Sammlung, weil ich ein guter Schüler war.« Er erinnert sich aber auch an die Läden, in denen man stundenlang in Kabinen Platten mit Kopfhörern checken konnte. »Da saßen immer dieselben Leute neben einem, bei mir war es oft der Olders Frenzel von ›Ihre Kinder‹. Nur so habe ich ›Them‹ mit Van Morrison kennenglernt – das hat er ständig gehört, die Platte hab ich mir dann geschnappt.«
LPs sind Harasim lieber als Singles. »Natürlich kann eine Single ein Leben verändern – aber LPs machten bei mir ganze Türen auf«, sagt er. Seine Favoriten: Auf den ersten beiden Plätzen natürlich Alben der Pretty Things – »S.F. Sorrow«, dann der Nachfolger »Parachute«, auf Platz drei folgt »Electric Ladyland« von Jimi Hendrix, dann »Let It Be« von den Beatles. »Rang fünf wechselt, das kann mal was von Bob Dylan sein oder The Beach Boys oder Joni Mitchell.«
Viele Platten kauft er heute nicht mehr. »Von vielen Bands habe ich alles. Und finde auch alles wieder – manchmal dauert es aber.« Es seien »sicher Schätze dabei. Aber ich verkaufe nichts«, sagt Peter Harasim.
Text: Alexander Jungkunz
Foto: Michael Matejka