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Räumliche Psychologie und Erinnerungsanker

vignette2012 Hello All, kürzlich saß ich behaglich in einem Straßenlokal in Palma de Mallorca. Blies in meinen Café Cortado und fühlte mich „estupendo“ – großartig. Warum eigentlich? Der Stuhl war nicht sonderlich bequem; der Ausblick unspektakulär; lärmendes Nach- Siesta Treiben an der Plaza de la Reina; albern bekleidete Touristen überall; knatternder Straßenverkehr mit Gehupe und Radiowerbung aus dem Lokal. Neben mir weitere Tische mit lauten Unterhaltungen in buntem Sprachgemisch. Was war daran eigentlich großartig?
Welche Magie üben gewisse Orte auf Menschen aus, also z.B. ein rummeliger Christkindl Markt, ein versiffter Montmartre oder eine mediterrane Stadt mit Odeur? Was bieten uns solche Gegenden und Situationen, in denen wir gerne länger verweilen trotz Enge, Lärm, deftiger Gerüche und überhöhter Preise?
Die psychologische Geographie bezw. räumliche Psychologie untersucht solche Zusammenhänge zwischen Umgebung und Empfindung darin. Das geht kompliziert – und das lasse ich hier mal weg. Es geht auch einfach, wie im Folgenden:
Die wichtigsten Wohlfühlfaktoren im Alter (und in der frühen Kindheit!) sind vertraute Anhaltspunkte; z.B. Gerüche, die Angenehmes aus früheren Zeiten wachrufen. Mir geht noch immer ein wohliger Stich durchs Herz, wenn Backduft aus mallorquinischen Ensaiimada- Bäckereien herausdringt, obwohl ich die pappsüßen Dinger, gefüllt mit süßem Engelhaar, gar nicht mehr gern esse. „Erinnerungsanker“ nennen Psychologen so was. In unserer privaten Umgebung versenken wir so manche Erinnerungsanker auf Regale, in Kleiderschränke oder Bildergalerien. Uneingeweihte sehen in solchen Souvernirs wahllosen Kitsch oder überflüssigen Ballast, weil sie die mentalen Ankerketten nicht sehen. Ebenso suchen wir, oft unbewusst, Orte auf, die angenehme Assoziationen aufkommen lassen. So, wie ich wohlig an jener Plaza de la Reina saß, wo ich als Neunjähriger erfrischende Horchatas de Chufas (Erdmandelmilch- eisgekühlt köstlich) geschlürft hatte. Objektiv gesehen, ist jener Platz keine Sehenswürdigkeit, für mich aber eine Schatzinsel der schönen Erinnerungen.
Geographische Psychologie lässt sich bisweilen auch einfach erklären, jedoch nicht immer.
Ich wünsche Ihnen zum neuen Jahr jede Menge psychologisch positiv aufgeladene Umgebungen!
Ihr Global Oldie

Eine Antwort

  1. Guten Tag, Herr Fargel,
    wenn Sie räumliche Psychologie weiterhin interteressiert, empfehle ich Ihnen ganz uneigennützig mein rororo-Taschenbuch “Warum Männer nicht nebeneinander pinkeln wollen und andere Rätsel der räumlichen Psychologie” (2013). Hier dreht sich vieles um unser Raumverhalten, Nähe und Distanz, reviergehabe und Wohlfühl-Orte.
    Infos zum Buch unter http://www.schmidt-walter.de oder auch unter http://www.rowohlt.de/buch/Walter_Schmidt_Warum_Maenner_nicht_nebeneinander_pinkeln_wollen.3026323.html
    Mit freundlichen Grüßen
    Walter Schmidt
    Tel. 0228-9691142

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