Anzeige

Halloween und der kleine Geist

Hallo All,

letzten Montag war Halloween. Und ich hatte es dieses Jahr nicht kommen sehen. Bis es fast zu spät war. Es mag an der warmen Witterung gelegen haben. Mit Halloween verbinde ich, wenn überhaupt etwas, Dunkelheit, wabernde Nebelschwaden, klamme Kälte am einsickernden Abend zur Einstimmung auf die kleinen Gruselmonster. Doch an einem sommerwarmen Spätnachmittag, an dem ich im Poloshirt durch buntes Laub unter strahlender Sonne raschelte, kam mir das aufziehende Halloween überhaupt nicht in den Sinn. Halloween war auch nicht in der Smartphone-Agenda oder im deutschsprachigen Wandkalender angekündigt; da steht für den Folgetag, listig auf dem nächsten Kalenderblatt für 1. November, nur „Allerheiligen“.

Ja, ich hätte es wissen können: Vor einigen Hauseingängen entlang meines Heimweges grinsten da du dort geschnitzte Kürbisse; aber es waren zu wenige, um mich ernsthaft vorzuwarnen. Drumherum schien alles so hell und völlig spukfrei. Ich dachte, „na, die sind aber diesmal mächtig früh dran“. Viele der üblichen Kürbisschnitzer schienen dieses Jahr in die Herbstferien verreist zu sein. Sie hinterließen undekorierte Vorgärten und Treppenaufgänge. Weder Riesenspinnweben, Plastikskelette noch Totenköpfe oder Fledermäuse stimmten mich beizeiten auf „Süßes oder es gibt Saures“ ein. Doch um 15.30 erreichten mich WhatsApps der Enkel mit verschiedenen Fotos ihrer jeweiligen Kürbisköpfe, daneben Kinder im Mini-Monster-Outfit: „Hallo Opa, wir brechen gleichen auf zum Nachbarn Erschrecken“.

Zumindest ich in der Ferne erschrak, denn wir waren völlig unvorbereitet. Schon letztes Jahr hatte ich zu Halloween ein Schild an die Haustür hängen müssen: „Sorry Kids, wegen Corona werden wir nicht aufmachen: Hu, Hu“. Das hatte mir leidgetan. Wir wollen nicht als Kinder meidende, grimmige Alte in der Nachbarschaft gelten. Wir sind froh über die muntere Schar in unserem Umkreis; es wohnen wieder mehr Kinder im Umkreis, wo es eine Zeitlang so ausgesehen hatte, als würde unser Kiez allmählich vergreisen.

Zum Kürbiskaufen und Schnitzen eines eigenen Kalabassen-Türstehers zum Empfang der Kostümierten war es zu spät: Ab 16:00 würde es dämmern und die ersten Grüppchen vorbeikommen. Ich fand keinen Vorrat an Süßigkeiten zum Verteilen. Hastig schwang ich mich aufs Rad, um einzeln verpackte Schokolade und Gummibärchentüten zu kaufen; sowie Malstifte für die Ernährungsbewussten oder von solch geprägten Eltern begleitete Geisterlein.  Bei Anbruch der Dunkelheit war ich bereit. Ich hörte Kinderstimmen vor dem Haus – und am Haus vorbeiziehen.

Niemand klingelte bei uns. Es wurde 17:00, nichts. Obwohl wir immer wieder die Grüppchen von draußen vernahmen. Werden wir verschmäht, in Erinnerung an den Ablehnungsbescheid aus dem Vorjahr? 18:00 Uhr. Wohin mit unseren Gaben? Ich ging enttäuscht vor die Türe: Dunkelheit umhüllte unseren Eingangsbereich. Unser Türlicht funktionierte nicht. Nicht einmal unser Klingelschild war zu erkennen.  Ich holte ein Windlicht mit Kerze aus dem Keller und stellte unseren Korb mit allen „Treats“ auf einmal daneben. Sollen sich die letzten noch herum stromernden Mini-Monster selbst bedienen, während wir ungestört essen. Mit halben Ohr folgte ich unserem Tischgespräch, mit halben Ohr lauerte ich auf Kinderkundschaft.

Ab 19:00 wurde es merkbar stiller; nur noch vorbeifahrende Autos und Hundegebell. Nach dem Abräumen des Tisches ging ich nochmals vor das Haus. Unser Windlicht brannte hell; der Geschenkekorb daneben war leer; fast zumindest. Die Buntstifte lagen noch vollzählig da. Es heißt ja auch „Süßes“, nicht „Stifte“. Diese Kinder hielten sich an die Regel.

Es lag noch etwas im Korb, was nicht von uns stammte: Ein kleines, aus weißem Papiertaschentuch gebasteltes Gespenst, mit freundlichem Gesicht und einem „Danke“ auf das Geisterhemdchen geschrieben. Es wurde doch noch ein schönes Halloween. Advent mit Kranz und Kerzen darf ich jetzt nicht aus dem Auge verlieren, egal wie warm es draußen wird.

Euer Global Oldie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

weitere Beiträge

Die Rezepte unserer Omas

Skip to content