Anzeige

Großväter in der Evolutionsklemme

Hello all,

die meisten von uns wollen lange leben. Und tatsächlich erlaubt uns die Natur, den langlebigsten höheren Wirbelgeschöpfen anzugehören. Warum lohnte es sich in der Evolution unserer Spezies, Senioren bis ins Großelternstadium altern zu lassen? Unter Säugetieren ist zumeist mit der Aufzucht der eigenen Kinder der genetische Auftrag einer jeden Elterngeneration erledigt. Ein darüber hinaus andauerndes Leben bis zur Großelterngeneration stellt zunächst unnötige Konkurrenz um knappe Ressourcen dar. –  Was besonders engagierte Umweltaktivisten nicht auf schräge Gedanken bringen sollte.  –

Es gibt Ausnahmen von der Zwei-Generationenkonstellation. Z.B. bei Elefanten und Schwertwalen.  Elefanten können über sechzig, Orcas bis neunzig Jahre alt werden. Beide Spezies leben in Großfamilien. Clanchefs bei Elefanten und Orcas sind jeweils eine der Großmütter, die ihre Familien auf den Wanderungen durch die Savanne bzw. Meere führen, einen Teil der Brutpflege übernehmen und die Gruppe vor Gefahren schützen. Während Elefantenbullen nach der Geschlechtsreife ihre Familie verlassen, bleiben bei den Orcas die Männchen im Schutze der Mutter, so lange diese lebt. Vielleicht eine gemeinsame evolutionäre Vorstufe zum Hotel Mama, in gewissen Homo Sapiens-Kreisen.

Für Elefanten, Orcas und offenbar auch Menschen bieten langlebige Großmütter handfeste Vorteile, indem sie die Überlebenschancen der eigenen Gene verbessern. Was der Kern der Evolution zu sein scheint. Soweit plausibel, die Sache mit dem Seniorinnen-Matriachat. Doch wozu dann Großväter?

Mit wachsendem Unbehagen nehme ich zur Kenntnis, dass evolutionsbiologische Schriften zum Thema „Rolle des Großvaters“ schweigen. Entweder taugen weder bei Elefanten noch Orcas Großväter zu  wissenschaftlich Erwähnenswertem im Sinne des Clan- und Gen-Fortbestandes. Und wären damit evolutionärer Luxus. Was auf Dauer die unerbittliche Natur nicht durchgehen läßt.  Oder der Großvaternutzen ist, meine klamme Hoffnung zumindest bei Menschen, noch nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Möglicherweise wirkten Großväter zumindest bis ins Steinzeitalter systemrelevant als Coaches  der Jäger, Krieger und Handwerker. Alte Männer als lebende Bibliothek und Cloud. Diese Rolle kann man heute knicken: die Alten hinken bei den angesagten, überlebensförderlichen  Kulturtechniken den Jungen beklagenswert weit hinterher – siehe ältere Lehrer bei der Digitalisierung der Schulen.  Bliebe in der Neuzeit noch die Clan- und Gen stützende Rolle der Großväter als Hypotheken tilgende Häuslebauer, spendable Konsumenten, Lebensversicherungskunden, Kleinaktionäre und letztlich als Erblasser.  In anderen Rollen müssen sich Großväter sputen,  um ihre verknappte Restlaufzeit zu nutzen. Immerhin leben Männer ca. 10 % kürzer als Frauen.  Langfristig relevant scheint mir die Funktion des beharrlichen Widerstandes gegen fast, aber eben nur fast,  allwissende Großmütter.  Zusätzlich zur logistischen Unterstützung jener fast allwissenden Großmütter, beim Tütentragen, Einparken, Kinderwagenauseinanderfalten; zudem als Duplo-Lego-Bauer, Vorleser und launige Verlierer beim Kindersport. Doch trotz solcher fundamentaler Beiträge sinkt in Russland und in Teilen der USA die Lebenserwartung der männlichen Senioren weiter. Welche Optionen und Funktionen bleiben uns , um die unerbittliche Evolution noch zu unser Gunsten umzustimmen? Meine alten Herren: haltet euch ran!

Ihr Global Oldie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

weitere Beiträge

Die Rezepte unserer Omas

Skip to content