Wenn ich meine Kinder beobachte, wie viele Gedanken sie sich um unsere Enkelkinder machen (Erziehung, Schule, Ernährung, Sport, Musikunterricht u.v.a.m), dann frage ich mich, wie sind wir (die Großeltern) eigentlich groß geworden und warum ist heute, ein halbes Jahrhundert später, alles so ganz anders?
Damit meine ich nicht, dass wir kein Telefon, keinen Fernseher, kein Handy, keinen Gameboy und keine Play Station hatten, sondern ich meine die eher alltäglichen Dinge des Aufwachsens. Spielzeug gab es zu meiner Zeit fast nicht, ein paar Bauklötze ja, aber keine Stofftiere und viel später nur eine einzige Puppe. Gespielt habe ich in einer Kleinkindhorde im Garten oder auf der Straße mit Bällen, Stöckchen und Eierpampe. Einen Spielplatz kannte ich nicht. Mein Roller hatte Räder aus Eisen und war deshalb kaum zu benutzen. Buntstifte hatte ich höchstens drei: rot, grün und gelb.
Bei der Einschulung hatte ich einen Fußweg von ca. 40 Minuten zur Schule mit einem Jungen aus der Nachbarschaft, oft aber auch alleine. Erwachsene waren nie dabei. Schülerlotsen oder einen Hort gab es nicht. Über die Straße musste man alleine kommen und die Schularbeiten am Nachmittag unbeaufsichtigt selber machen. Kontrolliert hat das niemand.
In der ersten Klasse waren wir 42 Schülerinnen und Schüler. Nachhilfeunterricht war eher diskriminierend, wenn er nötig geworden wäre. Am Nachmittag wurde ums Haus getobt, Versteck und Hopse gespielt oder Fahrrad um die Wette gefahren. Das einzige Fahrrad für alle Kinder hatte eine Querstange und war schwer zu fahren. Dass ein Fahrradhelm nötig sein könnte, ist – trotz mancher Verletzungen – niemand aufgefallen.
Eine Flasche mit Mineralwasser hatte auch keiner im Schulranzen, getrunken haben wir in den Pausen aus dem Wasserhahn. Obst gab es aus dem Garten, im Winter halt ziemlich verschrumpelte Äpfel, wenn überhaupt. Süßigkeiten waren auch kein Thema. Wenn man mal ein Stück Schokolade erwischte, wähnte man sich im Paradies. Für den Sportverein oder den Musikunterricht fehlte fast allen Eltern das Geld. Da haben wir vielleicht weniger gelernt, aber ungemein viel freie Zeit zum Spielen gehabt.
Nein, früher war nun wirklich nicht alles besser, im Gegenteil. Heute sind die Zeiten andere und mit „damals“ vergleichbar sind sie schon gar nicht. Aber manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass wir gerade wegen dieser Mängel viel Raum zur selbstbestimmten Entfaltung hatten, der Kindern mit ständig besorgten und beschützenden Eltern heute fehlt?