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Warum soll ich iProminenten folgen?

Der Mediennachhall auf Steve Jobs Tod hat mich natürlich beschäftigt. Nicht nur die Geschwindigkeit, mit der die Nachrufe aus den Schubladen der Redakteure ins Blatt oder Netz befördert wurden, hat mir eine gewisse Bewunderung abgerungen. Schließlich ist das Nachrufschreiben ein aussterbendes Handwerk. Nicht, weil so wenig bekannte Persönlichkeiten sterben, sondern weil die Hektik und Arbeitsverdichtung in den Redaktionen meistens eine sorgfältige Vorbereitung gar nicht mehr zulassen. Außerdem war ich von der Kreativität beeindruckt. Ich wusste gar nicht, wie viele Substantive man mit einem kleinen i davor schmücken und somit ihre Bedeutung verändern kann. Steve Jobs hat also nicht nur die Netzwelt revolutioniert und mit visionären Ideen bereichert, sondern seine Jünger sind auf dem Weg, eine eigene, eng mit der Firma Apple verknüpfte Sprache zu schaffen. Ein kleiner Buchstabe reicht völlig aus dafür.
Aber ich bin abgeschweift. Entschuldigung. Eigentlich habe ich mir gedacht, dieser Mensch wirkt durch die Medienpräsenz, die er in den letzten Monaten seines Lebens hatte, fast vertraut. Ich hätte ihm wahrscheinlich auf Twitter oder bei Facebook folgen können, um noch dichter an seine Gedankenwelt heranzurücken und eine Nähe zu spüren, die im echten Leben gar nicht existiert. Diese Überlegungen sind nicht besonders originell. Aber ich dachte kurz an die Anfänge von Twitter zurück. Damals freute sich ein Kollege, dass er nicht nur Yoko Ono, der Frau von John Lennon, folgen durfte, sondern sie ebenfalls seine Tweets erhalten wollte.
Inzwischen hat diese Nähe ihren Reiz verloren. Zu viele bieten diese an. Wir haben im Account von unserem Magazin 66 Angebote Heidi Klum oder Prinz Rupi zu folgen. Was habe ich davon? Ich freue mich viel mehr, wenn uns jemand aus Thailand ab und an einen Kommentar schickt oder ein Freund unseres Magazins von England aus schreibt. Da findet ein echter Austausch statt. Bei den Prominenten ist es doch nur Eigen-PR. Und in den seltensten Fällen ist die so interessant wie das, was Jobs mitzuteilen hatte.

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