Wenn die Rede auf das Erlanger Waldkrankenhaus kommt, denkt man sofort an sie: die Ordensschwestern der Kongregation St. Franziskus. Die katholische Gemeinschaft ist zwar seit Juli 2017 nicht mehr Träger der Einrichtung und auch nicht mehr hauptamtlich dort vertreten, aber Ordensschwestern sind weiterhin freiwillig in dem Haus tätig, in dem sie auch wohnen.
Eine von ihnen ist Ehrengard Käser. Die 79-Jährige ist eine Schwester der ersten Stunde, ein »Urgestein«, wie sie von sich selbst sagt. Noch im Jahr der Krankenhauseinweihung 1959 hat die gebürtige Niederbayerin dort den allerersten Krankenpflegekurs besucht und danach jahrzehntelang auf der Kinderstation sowie im Sekretariat und in der Ambulanz der Medizinischen Klinik 2 (Gastroenterologie, Interventionelle Endoskopie, Hämato-Onkologie) gearbeitet. Inzwischen geht sie der Betriebsärztin ehrenamtlich zur Hand.
Ordensschwestern waren alt geworden
Die Kongregation der St. Franziskusschwestern mit ihrem Mutterhaus in Vierzehnheiligen hatte im Februar 2016 angekündigt, sich aus dem Waldkrankenhaus St. Marien mit dem dazugehörigen Tochterunternehmen, dem Marienhospital Seniorenpflegezentrum, zurückzuziehen. Die Ordensschwestern waren alt geworden, und es kamen zu wenige junge nach. Der Altersdurchschnitt der Gemeinschaft liegt bei über 70 Jahren.
Die Malteser übernahmen die Einrichtung. Seitdem heißt die Klinik offiziell Malteser Waldkrankenhaus St. Marien; aus dem Leitspruch des Ordens »… für den Menschen« wurde das Motto der ebenfalls katholischen Hilfsorganisation »…weil Nähe zählt«. 13 Ordensschwestern im Alter von 57 bis 93 Jahren sind seitdem – soweit es die Gesundheit und auch das Infektionsgeschehen zulassen – noch ehrenamtlich in der Einrichtung tätig. Denn in Zeiten von Corona ist natürlich auch im Waldkrankenhaus vieles anders als sonst.
Tracht wirkt positiv
Doch abgesehen von der Pandemie-Ausnahmesituation: Die Präsenz der Schwestern kommt bei Patienten und Besuchern gut an, die positiven Reaktionen beim Anblick der Tracht sind über all die Jahrzehnte gleich geblieben: »›Ach ist das schön, dass man noch eine Ordensschwester sieht‹, das hören wir immer wieder«, erzählt Schwester Ehrengard. »Es freut einen, dass sich die Menschen bei Schwestern vielleicht etwas mehr beheimatet fühlen als bei anderen Pflegekräften.« Man halte sie vielleicht für besonders vertrauenswürdig, vermutet sie.
Sie wolle die Arbeit von freien Schwestern nicht herabwürdigen, aber insbesondere die ältere Bevölkerung fühle sich bei ihnen, den (Kranken-)Schwestern in Tracht, wohl bisweilen geborgener als bei anderen.
»Es ist für das Haus ganz wichtig, dass wir noch da sind«
Claudia Hink stimmt ihr zu. Die 57-Jährige trat 1981 dem Orden bei und ist inzwischen in der Konventsleitung tätig, seit vier Jahren ist sie zusätzlich im Waldkrankenhaus im Einsatz. »Es ist für das Haus ganz wichtig, dass wir noch da sind«, sagt sie. Es sei nun mal eine gewisse Vertrauensbasis zu den Schwestern vorhanden und die strahle auf die Einrichtung aus. Auch die Klinikleitung sehe das so, erzählt Schwester Claudia. »Das religiöse Leben ist nicht weg, es ist nach wie vor da, die Menschen sehen uns, sie können die Gottesdienste am Schirm in ihrem Zimmer verfolgen, das alles macht mit dem Haus etwas«, sagt sie. Die Schwestern wollten ihren Glauben, ihre Religiosität zeigen, und nicht nur in ihrem eigenen abgetrennten Bereich auf dem weitläufigen Gelände leben, betonen sie. Selbst zu konfessionslosen Patienten, die zunächst den Schwestern etwas skeptischer gegenüber gestanden haben, habe sich immer eine vertrauensvolle Beziehung ergeben, sagt Schwester Ehrengard. Muslimische Patienten fühlten sich ebenfalls wohl.
Die Bindung der Patienten zu den Schwestern sei eng gewesen, berichtet Schwester Claudia. »Wenn heute jemand kommt und eine Schwester sieht, sagt er: ›Ach, ich erinnere mich noch, als ich ein Kind war, da war ich einmal hier und viele Ordensschwestern waren um mich herum‹«. Manch einer erkennt eine der Schwestern sogar persönlich wieder und freut sich dann besonders. Außerdem kommen manche Gläubige extra von außerhalb in die Rathsberger Straße, um die Kapelle zu besuchen: »Viele wurden dort getauft, andere wiederum sind auf der Suche nach der ganz eigenen Atmosphäre«, sagt Schwester Claudia.
Noch 35 Schwestern im Martha-Maria
Solche positiven Erfahrungen kennt man auch im Nürnberger Krankenhaus Martha-Maria. So sagt dann auch die Oberin, Schwester Roswitha Müller: »Es gibt zum einen von manchen Leuten eine hohe Erwartung an das Verhalten von Schwestern, zum anderen gibt es aber auch ein großes Vertrauen.« Die Diakonissen genössen zum Teil ein gutes Ansehen und einen Vertrauensvorschuss, meint sie. Bei jüngeren Menschen sei anfänglich zwar oft Skepsis zu bemerken, sie wüssten nicht, wie man mit den Diakonissen umgehen sollte. Wenn aber die Kommunikation beginnt, sei das Eis meistens schnell gebrochen, weiß die Oberin. Wie im Waldkrankenhaus werde die besondere Stimmung übertragen auf das ganze Haus in kirchlicher Trägerschaft.
Derzeit zählt die Diakonissen-Gemeinschaft 35 Schwestern, und auch dort ist die Zahl seit Jahren »leider rückläufig«, bedauert Schwester Roswitha. Die jüngste Schwester ist vor 25 Jahren eingetreten, berichtet die Oberin, es sei nicht so leicht, Nachwuchs zu finden. Die Schwestern sind zwischen 64 und 97 Jahre alt und somit fast alle nicht mehr im aktiven Dienst.
Das fürbittende Gebet ist eine wichtige Aufgabe
Eine Schwester ist beispielsweise Sekretärin des Betriebsarztes, viele sind eben im Ruhestand, sagt Schwester Roswitha. Zum Teil übernehmen sie Dienste für die Sitzwache im Krankenhaus oder an der Pforte des Feierabendhauses und arbeiten ehrenamtlich in der Kirche mit. Doch eines hat Priorität, betont sie: »Vor allem sehen die Schwestern im fürbittenden Gebet für die vielen Menschen in unseren Einrichtungen, die Patienten, Bewohner und hauptsächlich die Mitarbeitenden eine wichtige Aufgabe, die sie in großer Treue erfüllen.« Schließlich müsse der diakonische Auftrag in allen Häusern erfüllt werden, betont sie.
Es sei eine hohe Herausforderung, in einer Zeit des Wettbewerbs sozialer Einrichtungen das diakonische Profil zu leben, sagt die Oberin. Schließlich habe man in der Klinik an der Stadenstraße dieselben wirtschaftlichen Bedingungen wie in anderen Häusern: »Trotzdem wollen wir durch Fachlichkeit und Zuwendung unserer Mitarbeitenden die kranken und hilfsbedürftigen Menschen die Liebe Gottes spüren lassen“.
Text: SHARON CHAFFIN
Foto: MILE CINDRIC