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13. Monatsrente?

Bett, Brot und Seife! Im Herbst 2024 ist diese Parole in der öffentlichen Diskussion aufgetaucht. Sie besagt: Wer hier lebt und nichts leistet, darf auch nicht mehr erwarten. Noch gilt der Spruch abgelehnten Asylbewerbern. Doch wer sagt uns, dass demnächst nicht auch die Rentnerinnen und Rentner als unproduktive Gruppe markiert werden? Ich rate uns Älteren zum vorbeugenden Gegenangriff: Fordern wir ein Weihnachtsgeld!

Puuhhh! Mancher wird jetzt tief durchatmen. So dreist dürfen wir nicht auftreten. Die Masse der Berufstätigen, also die von der Politik so gepriesene »hart arbeitende Mitte der Bevölkerung«, hat es doch schwer genug. Es herrscht so viel schlechte Laune in diesem Land. Da sollten wir nicht Öl ins Feuer gießen.

Wer so redet, ist in die Falle getappt, die gewisse Politiker aufgestellt haben. Deren Erzählung ist, dass die wahren Ausbeuter am unteren Rand der Gesellschaft sitzen. Diejenigen, die sozial schwach genannt werden, die Unsummen von Bürgergeld kassieren, obwohl sie als Faulpelze die Bezeichnung Bürger nicht verdienen. Sie nehmen es sich von denen, die sich trotz Job ständig nach der Decke strecken müssen.

Neu ist das nicht. Der Satz »Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen« stammt aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher. Im späten Mittelalter durften als arbeitsscheu eingestufte Bedürftige nicht innerhalb der Stadtmauern betteln.

Noch gelten Rentnerinnen und Rentner nicht als unwürdige Arme. Aber wer die Medien aufmerksam verfolgt, sieht, hört und liest immer häufiger davon, dass es schon ganz nett wäre, wenn die Alten wieder anpacken würden. Und von da an ist es nicht weit, bis in Talkshows darüber schwadroniert wird, dass die faulen Ruheständler Staat und Gesellschaft ruinieren.

Es würde von denjenigen ablenken, die so reich sind, dass sie, wie das so schön heißt, ihr Geld arbeiten lassen können. Die BMW-Erben Susanne Klatten und Stefan Quandt etwa kommen auf diese Weise auf einen Stundenlohn von jeweils einer Million Euro, maßgeblich gespeist von der jährlichen Dividende des Autobauers. So ergibt es sich aus der vom Manager Magazin veröffentlichten Liste der reichsten Deutschen.

Laut Statistischem Bundesamt können hierzulande 809.000 Menschen ohne weitere Anstrengung vom Ertrag ihrer Vermögen leben. Und wenn man an die 3.300 Superreichen in Deutschland denkt, die zwei Billionen Euro besitzen, klingt dieses Gedicht von Bertold Brecht ziemlich wahr: »Reicher Mann und armer Mann, standen da und sahn sich an. Da sagt der Arme bleich: Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.«

Schämen wir uns also nicht dafür, dass wir selber reicher werden wollen. Zumal die 13. Monatsrente kein exotischer Gedanke ist. In Österreich und Italien gibt es sie zum Beispiel.

Klar, die Aktion würde ein paar Milliarden kosten. Doch es würde sich lohnen. Als vor vielen Jahrzehnten über die von den Gewerkschaften geforderte »Grati« gestritten wurde, gab es auch Arbeitgeber, die den Gedanken an Extrageld sinnvoll fanden. Nämlich die Chefs von Unternehmen, die vom Konsum leben, wie Einzelhändler, Reiseveranstalter oder Gastronomen.

Und so ist es doch: Bekämen wir eine Zusatzrente, würden sie die meisten von uns auf der Stelle wieder ausgeben. Für Kleidung, ein neues Möbelstück, ein gutes Essen im Lokal oder für schöne Geschenke für die Enkelkinder. Das Geld würde in die Wirtschaft zurückfließen. Sie hätte ganz schnell ausgeschrumpft.

Ja, aber was ist mit Urlaubsgeld? Gemach. Das holen wir uns im nächsten Schritt. Versprochen!

Text: Klaus Schrage
Cartoon: Sebastian Haug

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