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Noch ist die KI besser als wir

Ist in aller Munde. Auf diese Schlagzeile haben sich die Medien geeinigt, wenn es um KI geht. Um Künstliche Intelligenz also, von der wir erwarten, dass sie uns demnächst sowieso regieren wird.

Der Begriff »Künstliche Intelligenz« wurde 1955 vom US-Informatiker John Mc Carthy in die wissenschaftliche Forschung eingebracht. Meine erste Begegnung mit KI liegt indes 30 Jahre zurück. Ein guter Bekannter, der dank einer cleveren Geschäftsidee reich geworden war und deshalb neben vergoldeten Wasserhähnen stets modernste Technik anschaffte, präsentierte das Navigationssystem seines fabrikneuen 7-er BMW. »Pass auf, wir fahren jetzt in den Petzengarten«, kündigte er grinsend an. Und tatsächlich: Die KI gab die Anweisungen für die 400 Meter von der Gudrun- zur Wilhelm-Spaeth-Straße in Nürnberg ohne den kleinsten Fehler.

Über derartige Leistungen staunt heute niemand mehr. Absehbar werden viele Autos selber fahren. Man muss dann nicht mehr auf Landschaften oder Lärmschutzwälle schauen oder gestresst im zähfließenden Verkehr herumzuckeln. Der Mensch von morgen wird den Sitz zur Seite drehen und arbeitend das Bruttoinlandsprodukt steigern. Hilft einem Handwerker nichts. Aber es kann halt nicht jeder alles haben.

KI ist eine Wunderwelt. Man kann Produktivität steigern, Liebesbriefe schreiben, Krankheiten diagnostizieren oder den Satz »Ein dunkles Bier, bitte« ohne Zeitverzögerung in 160 Sprachen übersetzen. Ebenso kann KI 20 Minuten lang den Satz »Alle Mitarbeiter sind im Gespräch« hersagen, ohne sich auch nur ansatzweise von dadurch ausgelösten Beschimpfungen verunsichern zu lassen.

Doch könnte diese immer mächtigere KI scheitern? Sofern sie dem Wirtschaftswachstum, unserer Bequemlichkeit und unserer Unterhaltung dient, eher nicht. Gefährlich sind Übertreibungen. Sollte KI etwa Anweisungen formulieren, wie wir uns gesund und zugleich klimagerecht zu ernähren haben, wäre eine Grenze erreicht. AfD-Frau Alice Weidel würde ins Volk keifen: »Ich lasse niemand an mein Schnitzel. Schon gar nicht Bill Gates.« Unser Ministerpräsident würde auf seinem Instagram-Account #söderisst mit noch höherer Frequenz Fotos von gebratenen Fleischklumpen verbreiten. Verbunden mit der Botschaft, dass solches zur bayerischen Lebensart gehört.

Und denken wir uns ein Fußballspiel, bei dem 22 mit derselben Software programmierte Roboter-Kicker gegeneinander antreten. Das Elfmeterschießen ginge bis in alle Ewigkeit, mindestens aber bis zum Erlöschen unserer Sonne.

Wertschätzen wir also die menschliche Fehlbarkeit. Sie macht unser Leben reicher. Denn unser Scheitern sorgt für die Suche nach besseren Lösungen. Und weil wir nicht auf Logik programmiert sind, fallen diese auch mal überraschend aus. Da staunt sie dann, die künstliche Intelligenz.

Doch fragen wir mal bei Chat GPT nach, bezogen auf den Namen unseres Magazins: »Fängt mit 66 Jahren tatsächlich das Leben an?« Die Antwort: »Ich kann Ihnen sagen, dass dieser Satz oft als Metapher verwendet wird, um darauf hinzuweisen, dass man auch im fortgeschrittenen Alter neue Erfahrungen machen und sich weiterentwickeln kann. Es ist nie zu spät, neue Dinge zu entdecken und sein Leben zu bereichern. Also ja, man kann sagen, dass das Leben auch mit 66 Jahren noch viele spannende Möglichkeiten bereithält.«

Wer wollte dem widersprechen? So lassen wir uns gerne regieren.

Text: Klaus Schrage
Cartoon: Sebastian Haug

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