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Aufgepasst

Hello All,

ich freue mich über die Anrufe meiner erwachsenen Kinder. Aber bisweilen fürchte ich mich vor der unausweichlichen Frage: „Was hast Du so gemacht?“  Kinder wollen hören, dass wir Altvorderen körperlich aktiv sind, uns weiterhin schlau machen, Kontakte pflegen und vor allem, auf uns aufpassen.

Nicht immer kann ich stolz von geglückten Do-it-yourself Reparaturen oder imponierenden Ausflügen erzählen.

Doch aufgepasst habe ich; täglich, stündlich, minütlich. Bei genauerer Eigenanalyse stelle ich fest, dass mein Seniorenalltag mit auf mich selbst Aufpassen erschreckend prall gefüllt ist. Beim Aufstehen nicht zu stolpern, beim morgendlichen Lüften keine Insekten einzulassen, beim Rasieren mich nicht zu schneiden, mich witterungsgemäß und unbefleckt einzukleiden, den Tee nicht zu lange ziehen zu lassen, kein Geschirr zu hart aufzusetzen, nicht zu viel Ungesundes zu frühstücken und alle angesagten Medikamente zur gebotenen Zeit in der verordneten Dosierung einzunehmen. Die Mülltonnen rechtzeitig rauszustellen, ohne in den notorischen Hundekot am Zaun zu treten.

Selbstkontrolle und ständiges Monitoring der Umwelt begleiten mich über den ganzen Tag; früher machte ich das unbewusst, weil mir -zig anderes Zeug durch den Kopf ging. Jetzt ertappe ich mich beim willentlichen Aufpassen. Weil ich mehr Muse habe oder weil ich unsicherer werde?

Draußen ist noch mehr Achtsamkeit gefordert. Am besten, ich trüge meine Kontaktdaten mit Blutgruppe und Gerinnungsfaktor bei mir. Nach ein paar üblen Erfahrungen schwinge ich mich nicht mehr ohne Helm und Handschuhe aufs Rad. Ich gehe eine Checkliste durch: Smartphone in Jackentasche links und Geld rechts, Haus- und Radschlüssel, Mund-Nasenschutzmaske, Desinfektionsmittel und Einkaufstasche nicht vergessen. Haustür und Fenster geschlossen; alles OK?

Beim Radeln zwischen dem Verkehr links und auf dem Radweg stehenden Lieferfahrzeugen rechts ist Aufpassen noch wichtiger als das Vorankommen. Im Geschäft entscheidet Aufpassen über Geldverschwendung, Haltbarkeit, ökologischem Fußabdruck und Rügenpotential daheim.

Doch besonders aufpassen muss ich mit meinen Mitmenschen. Soziale Kontakte sind wertvoller denn je. Bloß nichts Unpassendes sagen, fragen, auch nur anmerken lassen. Denn mit mir gealterte sympathische Leute machen sich rar; ziehen sich zurück, weg oder versterben; neue Sympathien wachsen nur noch spärlich nach. Ja, ich passe auf; Tag und Nacht. Nur darf es nicht zur Vollzeitbeschäftigung werden, und schon gar nicht zum Inhalt eines Telefongesprächs mit dem Nachwuchs. Sonst fangen die an, auf mich aufzupassen.

Ihr/Euer Global Oldie

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