Anzeige

“Bitte” im Sprachassistenten?

Hello All,

schon Sokrates mokierte sich über verlotterte Manieren der Jugendlichen seiner Zeit. Fast zeitgleich stellte Meister Konfuzius der undisziplinierten chinesischen Jugend seinen Verhaltenskanon für edle Menschen in einer harmonischen Gesellschaft entgegen.

Offenbar ringt die Menschheit kulturübergreifend seit Jahrtausenden so beharrlich wie vergebens mit gefühlten Mängeln an Sittsamkeit. Die nimmt, je nach Zeitgeist, ihren Ursprung in hilflosen Eltern, schwachen Lehrern, verdorbenen Freunden, fragwürdigen Leitbildern, schändliche Idole im Liedgut und Literatur, später auch Filme, besonders ausländischer Herkunft.

Wenn mir der Kommandoton mancher Enkel sauer aufstößt und ich schmerzlich Bitte oder Danke vermisse, so habe ich einen neuen Verdacht: Die elektronischen Sprachassistenten machen alles schlimmer. Unsere Enkel wachsen in Haushalten auf, in denen Eltern, zunehmend auch die Kids nur noch Befehle blaffen. „Alexa, in sieben Minuten Erinnerungszeichen!“. „Siri: wie warm ist heute der Brombachsee?“  Dem Navigationssystem zischt Papa am Steuer zu „München, Theaterstraße, schnellstens!“.

Ohne Bitte, ohne Danke. Frei von jedweder Empathie.  Alexa rülpst und pupst auf Sprachbefehl der Kinder mal lauter oder länger, antwortet stets geduldig und höflich, selbst wenn die Kleinen den unsichtbaren Sprachassistenten unflätig in Anspruch nehmen. Nie flippen die Dinger aus; nie kommt ein ermahnendes Wort aus dem Lautsprecher oder lässt eine pädagogisch erforderliche Grenze erkennen.    Bisweilen beschleicht mich der Verdacht, dass den Kindern die Grenze zwischen warmen Menschen und kalten Sprachrobotern verschwimmen. Dass Erwachsene auf zugerufene Sprachbefehle ebenso gleichmütig und spontan zu reagieren haben wie Cortana und E-Kollegen.

Mein Wunsch an all die patenten Programmierer zwischen Seattle, Palo Alto,  Zhongguancun und Bangalore: Schreibt eine Benimm-App, die man Alexa, Siri und anderen Sprachassistenten vorschaltet. Die nur halbwegs höflich formulierte Aufforderungen an die verborgene Künstliche Intelligenz weiterleitet. Eine App, die den Kindern konsequent Wünsche verwehrt, die unfreundlich rüberkommen; die sich in Vorbildfunktion bedankt, die grüßt.

Ich bin mir sicher, dass so eine App Geld verdienen kann. Z.B. unter der Kategorie „Behavioral“ oder „Ethical“; muss natürlich Englisch klingen. Darf aber auf Wunsch in jeder Sprache reagieren; gegen Aufpreis. Also, das wäre ein Weihnachtsgeschenk, in das ich gerne investieren würde.

Ihr Global Oldie

Eine Antwort

  1. Ich finde es eine tolle Idee, die Sprachassistenten freundlicher zu gestalten. Sonst rutschen wir in eine Gesellschaft, die auf Befehl und gehorsam aufbaut, ohne noch den Begriff Kaserenhofton zu kennen. Damit werden militärische Verhaltensweise über Alexa und Co transportiert. Eigentlich kein Wunder, wenn man bedenkt, dass das Internet im Pentagon entwickelt wurde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

weitere Beiträge

Die Rezepte unserer Omas

Skip to content