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Vom Zauber des Grüßens

vignette2012 Hello all, wenn Maori die Stirn und Nasenspitzen aneinander reiben, Japaner sich verbeugen oder englische Gentlemen symbolische Küsse auf den Handrücken der Damen hauchen, dann tun sie das gleiche: Sie grüßen formvollendet. Auf der Straße trug mein Vater stets einen Hut, damit er wortkarg aber korrekt den Hut zum Gruß lupfen konnte. Ebenfalls sparsam aber einen Tick besser gelaunt halten es Hawaiianer mit „Aloha“, Italiener mit „Ciao“ und Oberbaiern mit „Servus“ als Allzweck- Gruß fürs Kommen, Passieren oder Gehen. Mehr Zeit beanspruchen wohlerzogene Begrüßungen in Asien. Hindi falten die Hände über dem Kopf, senken sie bei einer Verbeugung zur Brust und sprechen „Namaste- mögen sich unsere Seelen treffen“. Das ist angewandte Poesie! In tibetischer Tradition streckt(e) man sich zur Begrüßung gegenseitig die Zunge raus, als Beweis dafür, dass „keine schlechten Gedanken auf der Zunge liegen“. Vielleicht hatten das die Chinesen missverstanden und deswegen Tibet wegen vermeintlicher Beleidigung besetzt? Der hiesige Händedrucks bedeutete zu Olims Zeiten: In meiner Hand liegt keine Waffe. Juden wünschen sich bei Begegnungen „Shalom“ und Moslims „Salam“ und die Indonesier „Salamat“:“Frieden; Friede sei mit Dir“. Familienangehörige in China halten es da pragmatisch mit der Frage „Hast du schon gegessen?“ während Malaysier unter Verbeugung mit gekreuzten Handflächen sich erkundigen „Wohin gehst du“?
Wie auch immer: Ein Gruß bringt näher, stimmt freundlich, baut latente Spannung ab, bezeugt Achtung und Format. Grüßen macht das Zusammenleben schöner. Es kann der Auftakt zu Beziehungen sein oder die Bestätigung, dass man es miteinander gut meint.
Alle Kulturen pflegen Rituale der Begrüßung; je weniger „modern“, desto vielschichtiger und raffinierter fallen die Vorschriften für die richtige Begrüßung aus – von wegen „primitiv“! Auffällig ist, dass sich die Grußregeln überall am sozialen Rang und am Senioritätsprinzip orientieren. Der sozial geringer Geachtete grüßt den Höherstehenden; der Untertan den Herrschenden oder der Jüngere den Älteren. Selbst in betont egalitären Kulturen wie der skandinavischen, nordamerikanischen – und europäischen blitzt in den Begrüßungsformen der überlieferte Respekt vor dem Alter auf: Jung grüßt Alt zuerst; Jung grüßt ergebener, Alt sparsamer aber tolerant zurück. Z.B. auf den Philippinen, wenn Junge den Handrücken des begrüßten Älteren mit der Stirn berühren. Bei feierlichen Anlässen warfen sich auf einigen Inseln Mikronesiens die Jungen vor den geehrten Alten flach auf den Bauch in den Staub – das wäre mir dann doch etwas zu viel der Ehre. Vielleicht mal ein Marketing-Gag für chemische Reinigungen oder besonders robuste Oberbekleidung für Jüngere?
Mir würde schon etwas weniger Stoffelei beim Grüßen zur Pflege unserer Zivilisation reichen. Für jene, denen ein „Guten Tag“ oder „Grüß Gott“ schon zu viel Text ist, hätte ich ein nettes Lächeln, ein kurzes Nicken, das fröhliche „Hi“ aus Nordamerika, das „Tach“ aus dem Norden unserer Republik im Angebot. Hier im Süden schätze ich das treuherzige „Servus“ ganz besonders- für Jung und Alt; damit es friedlich bleibt in der Nachbarschaft!
Ihr Global Oldie

2 Antworten

  1. Wenn es hier um Begrüßungen geht, gibt es auch eine spannende “Regel” in Korea zum Verabschieden, die ich gerne noch ergänzen möchte: “Gehen wir doch mal gemeinsam Essen!” (=Naja, unser Treffen hat eigentlich nichts gebracht, mal schauen, wann / ob wir uns wieder sehen), “Gehen wir doch <> gemeinsam Essen!” heißt, dass man sich in jedem Fall wieder sehen möchte 😉 Also in Korea sollte man auch aufpassen, dass man sich mit den richtigen Worten verabschiedet 🙂 LG Yuwon

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