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Schlaganfall: Schädel-OP kann Leben retten

Nach einem sehr schweren Schlaganfall entfernen Ärzte mitunter Teile der Schädeldecke: Durch diesen Eingriff nehmen sie den Druck vom Hirn und erhöhen so die Überlebenschancen deutlich. Jetzt hat eine Studie gezeigt, dass auch Patienten über 60 Jahre von einer solchen Behandlung profitieren.

Öffnen Ärzte einen Teil der Schädeldecke eines Schlaganfall-Patienten, können sie so den Druck vom Hirn nehmen. Foto: Martin Büdenbe, Pixelio.
Öffnen Ärzte einen Teil der Schädeldecke eines Schlaganfall-Patienten, können sie so den Druck vom Hirn nehmen. Foto: Martin Büdenbe, Pixelio.

Nach einem sehr schweren Schlaganfall entfernen Ärzte mitunter Teile der Schädeldecke: Durch diesen Eingriff nehmen sie den Druck vom Hirn und erhöhen so die Überlebenschancen deutlich. Jetzt hat eine Studie gezeigt, dass auch Patienten über 60 Jahre von einer solchen Behandlung profitieren.
Doch ungefährlich ist der Eingriff nicht: Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) weisen darauf hin, dass viele Überlebende schwere Behinderungen zurückbehalten. „Für Betroffene und Angehörige ist das eine schwierige Entscheidung, die im Gespräch mit dem Arzt genau abzuwägen ist“, sagt Prof. Dr. Joachim Röther, Pressesprecher der DSG.
Patienten mit sehr ausgedehnten Schlaganfällen, etwa einem Verschluss der mittleren Hirnarterie, haben eine schlechte Prognose: Die meisten sterben innerhalb weniger Tage, selbst wenn sie frühzeitig intensivmedizinisch behandelt werden. Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN: „Vor einigen Jahren hat eine Studie gezeigt, dass Betroffene unter 60 Jahren deutlich häufiger überleben, wenn innerhalb von 48 Stunden nach dem Schlaganfall eine sogenannte Hemikraniektomie erfolgt“. Der Operateur hebt dafür Teile des knöchernen Schädels ab. Das freigelegte Gehirn wird vorübergehend nur durch Hirn- und Kopfhaut geschützt. Das angeschwollene Hirngewebe kann auf diese Weise langsam abschwellen, ohne dabei gesundes Hirngewebe durch Druck zu schädigen. Danach setzt der Arzt die entnommene Schädeldecke wieder ein. „Schwere Behinderungen blieben nach einem solchen Eingriff seltener zurück“, erläutert Prof. Dr. med. Gabriele Schackert, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum der TU Dresden und Erste Vorsitzende der DGNC.
Eine aktuelle Studie an mehreren Schlaganfallzentren in Deutschland untersuchte nun die Vor- und Nachteile einer Hemikraniektomie bei über 60-Jährigen. „Die Sterblichkeit wurde mit Hilfe der Operation fast halbiert – von 76 auf 43 Prozent“, erklärt Dr. med. Eric Jüttler, Oberarzt der Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm, Mit-Organisator und Erst-Autor der Studie. „Allerdings blieb ein Drittel der operierten Patienten, die überlebten, sehr schwer behindert und wird dauerhaft auf Hilfe angewiesen sein.“ Deshalb gelte es in jedem einzelnen Fall und auch generell sehr kritisch abzuwägen, ob sich die Methode auch für ältere Schlaganfallpatienten eigne.
Konservative Therapien zur Senkung des Hirndrucks konzentrieren sich auf die Einnahme von Medikamenten. Zum Einsatz kommt auch eine Kältebehandlung, Hypothermie genannt, bei der die Körpertemperatur auf 35 Grad gesenkt wird. Durch die Kühlung des Gehirns wird dessen Sauerstoffverbrauch reduziert und somit Folgeschäden vorgebeugt. Die Wirksamkeit der Hypothermie wird derzeit in einer großen europäischen Studie geprüft. Beide Methoden, die Hemikraniektomie und die Hypothermie, werden auch bei Patienten mit einem Schädelhirntrauma eingesetzt, um der Hirnschwellung entgegenzuwirken. Jüngstes Beispiel für eine solche Kombinationstherapie ist Michael Schumacher.
„Welche Therapie die richtige ist, muss im Einzelfall entschieden werden“, fasst Professor Diener zusammen. „Für junge Schlaganfallpatienten ist die Hemikraniektomie auf jeden Fall eine sinnvolle Behandlung. Wichtig ist, wie generell nach einem Schlaganfall, eine zeitnahe Behandlung.“

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