Darf man eigentlich noch ein Thema aufgreifen, das bereits vor einer knappen Woche die Internetgemeinde bewegte? Ich denke schon. Denn wenn ich manchmal schaue, wie meine älteren Blog-Posts noch gelesen werden, sehe ich, dass die Nutzer die Einträge auch Wochen später häufig aufrufen. Also traue ich mich das einfach. Zumal ich den Begriff “Wutgreise” zu meinem persönlichen Wort des Jahres küre. Diese Bezeichnung hat “Die Welt” als Überschrift über ihren Beitrag zu zwei sehr klugen Autoren jenseits der 90 gewählt. Ja, ich bin mir sicher, dass es kein Einzelfall sein wird, dass 2012 sehr alte Menschen etwas sagen, das andere aufhorchen lässt. Die beiden Autoren Stéphane Hessel und Edgar Morin haben bereits mit Streitschriften wie dem Buch “Empört Euch” auf sich aufmerksam gemacht. Diese Denkschriften fordern eine Umkehr hin zu einem europäischen Geist, das Wiederauferstehen der Solidarität und die Bändigung der Finanzmärkte.
Bei Twitter haben sich manche über den Begriff gewundert. Die Tweets sind aber leider im ständig fließenden Twitterstrom schon verschwunden. Einige Kommentatoren fanden die Bezeichnung Wutgreise sehr gelungen, lehnt sie sich doch an die Wutbürger an. Diese werden ja auch immer älter. Und ich denke an den gerade 85 Jahre alt gewordenen Joachim Fuchsberger, der Sir Peter Ustinov zitierte. Dieser meinte: “Wir alten Männer sind gefährlich, denn vor wem sollten wir uns noch fürchten?”
Genau, wer sich nicht fürchtet, sagt, was er denkt. Er braucht keine Rücksicht mehr zu nehmen und hat so viel erlebt, dass er überhaupt etwas mitzuteilen hat. Hessel und Morin zeigen, dass sie ihre Leser kennen und wissen, wie knapp die Zeit ihrer Mitmenschen ist. Deswegen bescheiden sie sich im Umfang ihres Büchleins und lassen viel Raum für eigene Gedanken. Hat jemand schon ihr Werk “Wege der Hoffnung gelesen?” Mich würde mal interessieren, wie Ihre Meinung dazu ist.