In punkto Mobilität ist Stuttgart seit dem Streit um den Bahnhofsneubau nicht gerade ein Vorbild. Aber die Verkehrsbetriebe der baden-württembergischen Landeshauptstadt haben durchaus etwas Vorzeigbares geschaffen. Denn durch die Fahrkarte ohne Sperrfrist, die Senioren seit Januar offeriert wird, ist die Zahl der Kunden gestiegen. Das ist durch eine Studie nachgewiesen worden. In Nürnberg und vielen anderen deutschen Städten geht man davon aus, dass die älteren Fahrgäste vor neun Uhr nicht zum verbilligten Tarif unterwegs sein dürfen, um in der Hauptauslastungszeit der Schülerbeförderung zusätzliche Fahrgastströme zu vermeiden.
Das ist seit langem von Seiten der Senioren kritisiert worden, denn ein Arztbesuch ist häufig früh um 8 Uhr terminiert. Auch Ausflüge, Kursprogramme und andere Aktivitäten starten oft in den Morgenstunden.
Stuttgart hat die Entscheidung, die Ausschlusszeiten abzuschaffen, zwar vor allem wegen der sinkenden Schülerzahlen getroffen. Aber das ist ja legitim.
Der Befragung nach nutzen nun die Stuttgarter Senioren die öffentlichen Nahverkehrsmittel mehr als im Bundesdurchschnitt. Je älter ein Mensch ist, desto regelmäßiger steigt er auf Straßenbahn und Bus um. Durch die Änderung des Seniorentickets ist die Zahl der Abonnenten von 4200 auf 6700 innerhalb von fünf Monaten gestiegen.
In den Etagen der Entscheider setzt sich die Erkenntnis langsam durch, dass die Senioren für die Zukunft des Nahverkehrs immer wichtiger werden. Dann sollte auch der Service angepasst werden. Meine Mutter fährt nicht mehr mit dem Bus,weil die Fahrer häufig so abrupt bremsen, dass sie sich gut festhalten muss. Mit schwindenden Kräften ist das mühsam. Seitdem die Angst mitfährt, verzichtet sie auf Ausflüge in die Stadt oder gönnt sich manchmal ein Taxi. Ich finde das schade, denn ein bisschen mehr Sensibilität für die Bedürfnisse der Alten würden neben der Tarifpolitik zur weiteren Attraktivitätssteigerung von öffentlichen Verkehrsmitteln sicher beitragen.