Eine Antwort liegt nahe: Keine Schmerzen! Meistens geht‘s uns ja gut. Aber zum Älterwerden gehört es, dass es immer wieder irgendwo zwickt. Manchen tut der Rücken weh, andere sind nicht mehr elastisch in den Knien. Die Hüft- und Fußschmerzen, das Kopfweh, die Arthrose in den Fingern – die Liste möglicher Leiden ist lang. Wer sich als junger Mensch aufs Alter vorbereiten möchte, möge eine Woche lang die Werbespots im ZDF-Vorabendprogramm anschauen. Da kommt alles vor, was Seniorinnen und Senioren grantig werden lässt.
Ein anderer Quell des Mürrischseins sind freundlich formulierte, aber schwer umsetzbare Hinweise zur guten Lebensgestaltung. Manche Philosophen meinen eh, dass das Befolgen guter Ratschläge bloß zum Wiederholen der Fehler anderer Leute führt. Trotzdem füllen Ratgeber zum Thema »Gesund und glücklich im Alter« in unseren Buchhandlungen ganze Regale, bringt unsere geliebte Apotheken-Umschau jeden Monat hierzu mehrere Seiten.
Auch beim großen US-Versandhändler, dessen Chef kürzlich drei Frauen ins Weltall geschossen und anschließend als Hochzeiter das schöne Venedig aufgemischt hat, steht unter dem Suchbegriff »Guter Rat« ein Werk zum Thema »Finden Sie Erfolg, Glück und einen tiefen Sinn in der zweiten Lebenshälfte« in der Empfehlungsliste ganz obenan. Gleich danach geht es um traditionelles Wissen für die moderne Küche und um Wege zur Harmonie zwischen Mensch und Hund. Und so weiter und so fort.
Wir aber könnten eigentlich gelassen bleiben. Im Vergleich zur jungen Generation haben wir es viel besser. Speziell weibliche Teenager werden in den Sozialen Medien derart heftig mit Schminktipps zugeballert, dass deren Abstecher in die Kosmetik-Abteilung des Drogeriemarktes zu halben Tagesausflügen werden. Wer bei den Mode-Ratschlägen der Influencerinnen nicht mitzieht, riskiert ein Dasein als Außenseiterin. Auch Jungs kriegen reichlich Tipps. Seien es die besten Wege zum Six Pack oder die Liste der von Basketball-Heroen signierten Turnschuhe.
Für uns Menschen im Ruhestand ist die Sache doch viel einfacher. In unserem Alltag ist nicht mehr alles superwichtig. Wir werden langsamer, aber wir haben auch mehr Zeit. Weil wir unsere guten Erfahrungen aufschreiben, erinnern wir uns weniger stark an Schlechtes. Wir nutzen die Chance, jede Menge Neues zu entdecken. Wir empfinden ein herzhaftes Kinderlachen nicht als Ruhestörung und genießen den Kontakt zur jungen Generation.
Sie spüren gerade, dass Sie diese geballten Ratschläge nerven? Na gut. Dann fangen wir doch so an: Lächeln wir. Und sollte niemand anderes in der Nähe sein, dann gleich jetzt vor dem Spiegel. Das tut gut. Und hilft den Mundwinkeln gegen die Schwerkraft.
Text: Klaus Schrage
Cartoon: Sebastian Haug




