Nach einer durchzechten Nacht, nach einem Wetterwechsel, nach der Umstellung auf die Sommerzeit oder nach ihrem ersten Marathonlauf? Ich ergänze: nach der Rückkehr aus dem Urlaub.
Im Einzelfall mögen Reisen die schönste Zeit des Jahres sein. Aber denken wir an unser Berufsleben: Vor Abfahrt oder Abflug stand die Anstrengung. Alles musste weggearbeitet, nichts durfte versäumt werden. Das ansonsten übliche Verschieben eines lästigen Problems um drei Wochen ging auf keinen Fall. Man war ja die nächsten beiden Wochen weg.
Geändert hat sich das kaum. Und so sitzen arbeitende Menschen erschöpft im Wagen und fahren – immer hart am Sekundenschlaf – gen Süden. Nach vielen Stunden auf der überfüllten Autobahn, nach überteuerten Zwischenmahlzeiten in Raststätten und einem Zuwachs an nicht eingelösten Sanifair-Gutscheinen kommen sie an.
Sobald sich unsere Touristen wirklich stressfrei fühlen, ist der Urlaub vorbei. Die Nacht vor der Abfahrt schläft man schlecht, weil man darüber nachdenkt, was einen daheim erwartet. Also rollt man in einer riesigen Kolonne – immer hart am Sekundenschlaf – zurück nach Hause. Und entscheidet dort, ob man sich an den folgenden Tagen am Arbeitsplatz erholt. Oder sich doch lieber krankschreiben lässt. Mit Diagnoseschlüssel R53G, für Unwohlsein und Ermüdung.
Aber sieht das bei Ruheständlern nicht ganz anders aus? Nein, auch unsere Reisen sind mit Vorgaukeleien behaftet. So glauben wir, in anderen Ländern unseren Horizont zu erweitern, weil wir neue Menschen kennenlernen. Doch schaffen wir das, indem wir unseren Körper acht Stunden pro Tag auf eine Liege betten und uns vom einheimischen Personal Drinks reichen lassen? Wer lernt schon Türkisch, bevor er nach Antalya fliegt?
Oder nehmen wir die Kreuzfahrten. Man könnte moralische Bedenken haben, weil die auf der Aida beschäftigten EU-Bürger sieben Euro für zehn Stunden tägliche Arbeit an sieben Tagen bekommen, Nicht-EU-Bürger drei Euro weniger bei zwölf Stunden Arbeit. Dreckschleudern sind Kreuzfahrt-Dampfer trotz aller Beteuerungen der Reedereien nach wie vor.
Und lohnt all die Vorbereitung auf die nächste Städtereise? Akribisch planen wir, welche Sehenswürdigkeiten zwingend zu besuchen sind und für welche der weltstädtischen Theater und Konzerthäuser wir Karten kaufen werden. Ja, so lernen wir viel über Berlin oder Hamburg. Aber wehe, Touristen stellen uns Fragen über unsere Heimatstadt. Da wissen wir wenig.
Wie wäre es mit folgender Verabredung? Wir buchen den nächsten Strandurlaub erst, wenn wir zehn Bäder unserer Region ausprobiert und kein Gutes gefunden haben. Wir gehen erst dann auf eine Kreuzfahrt, wenn wir beim Rudern oder Tretbootfahren fünf Kilo abgenommen haben.
Vor der nächsten Städtereise erkunden wir die spannende Theater-, Kabarett- und Musikszene unserer Region und besuchen mindestens zwölf unserer Museen.
Und wenn wir dann feststellen, dass wir ohne Auslandsreise ungewohnt viel Geld auf dem Konto haben, gehen wir so richtig gut essen. Ein opulentes Menü macht Sie müde? Keine Sorge: Ein Sekundenschlaf vor dem Dessert ist völlig ungefährlich.
Text: Klaus Schrage
Cartoon: Sebastian Haug