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Heimfürsprecher können auch Angehörige sein

In einem großen Haus, wie hier im Sebastianspital in Nürnberg, hilft ein Fürsprecher die vielen Wünsche und Interessen der Bewohner zu bündeln. Foto: Michael Matejka

Eigentlich können und sollen die Bewohner von Pflegeheimen ihre eigene Interessenvertretung wählen. Doch da sie immer häufiger dazu nicht mehr in der Lage sind, übernehmen Außenstehende das Amt eines Fürsprechers. Eine erfüllende Aufgabe, wie engagierte Ehrenamtliche finden. Doch es fehlt an Menschen, die das Amt übernehmen wollen.

Erika Faul weiß genau, warum sie auch nach etlichen Jahren noch immer gerne in »ihr« Heim im Nürnberger Norden kommt. »Es rührt mich einfach an, wie die Menschen auf mich reagieren«, sagt die 78-Jährige. »Sie warten immer schon auf mich, ich merke, dass sie mich vermissen. Eigentlich kann ich gar nicht aufhören.« Faul kennt das Heim gut, erst habe ihre Mutter, später dann ihre Schwester in der Einrichtung ihren Lebensabend verbracht. Dennoch habe sie zunächst gezögert, als sie gefragt wurde, ob sie das Amt der Bewohnerfürsprecherin übernehmen wolle, sagt Faul. »Ich war ja schon im Stadtseniorenrat aktiv«, so die frühere Stadträtin. »Und ich wollte auch noch ein Privatleben haben.«

Dennoch sagte sie zu. »Ich habe die Notwendigkeit gesehen.« Und heute möchte sie die mit der Aufgabe verbundenen Erfahrungen nicht mehr missen. Oft sind es Kleinigkeiten, die es zu regeln gilt »Häufig geht es um das Thema Essen. Man redet dann drüber und schaut, was man machen kann.« Sie habe sämtliche Probleme immer in Gesprächen lösen können, sagt Faul. 

Eigentlich schreibt das Bayerische Pflege- und Wohnqualitätsgesetz vor, dass die Heimbewohner jährlich eine eigene Vertretung wählen. Doch da die Menschen, die im Heim leben, immer pflegebedürftiger werden, ist das oft nicht mehr möglich. Dann bestellt die zuständige Behörde, die Fachstelle Pflege- und Behinderteneinrichtungen, für mindestens zwei Jahre einen Bewohnerfürsprecher. Dessen Tätigkeit ist ehrenamtlich und unentgeltlich. Oft sind es Angehörige, die die Aufgabe übernehmen. Bewohnerfürsprecher haben dieselben Rechte wie die Bewohnervertreter. Sie nehmen eventuelle Beschwerden der Bewohner entgegen und kümmern sich darum, sie stellen bei Bedarf Anträge an Träger oder Heimleitung und sie führen Bewohnerversammlungen durch. Dabei geht es um grundsätzliche Fragen zur Unterkunft, Pflege und sozialen Betreuung.

Nicht wie kleine Kinder behandeln 

Ihr sei dabei ein Austausch auf Augenhöhe wichtig, betont Faul. »Man darf die alten Menschen nicht wie kleine Kinder behandeln.« Einmal im Monat besucht sie das Heim, hat auch schon Filme von ihren Reisen mitgebracht und gezeigt. Das sei manchmal »wie ein Kaffeekränzchen«. 

Doch die Aufgabe reicht darüber hinaus. Es sei wichtig, dass jemand von außen darauf schaut, findet die Nürnbergerin, »damit auffällt, wenn mal etwas nicht in Ordnung ist«. In ihrem Fall waren es bislang allerdings nur Kleinigkeiten, die sich dann rasch verbessern ließen. So steht jetzt ein Stuhl am Aufzug, falls jemandem mal die Wartezeit zu beschwerlich ist. Auch um ein Hochbeet auf Rädern habe sie sich gekümmert, erzählt Faul. »Damit eine Bewohnerin, die gerne garteln will, das mit ihrem Rollstuhl bewerkstelligen kann.« Direkte Befugnisse habe sie jedoch nicht. »Wenn etwas Gravierendes wäre, könnte und müsste ich die Heimaufsicht benachrichtigen.« Das sei aber noch nie der Fall gewesen.

Auch Wolfgang Hupfer, Bewohnerfürsprecher in einem Heim in Nürnberg-Mögeldorf, sieht sich in erster Linie als Vermittler. Vor zehn Jahren hat er das Amt übernommen, damals war seine Schwiegermutter pflegebedürftig geworden. Die Aufgabe sei ihm auch nach deren Tod geblieben, er habe sie behalten, weil er sie als wichtig ansehe. »Ich habe den Blick von außen«, sagt der 71-Jährige. Die Beschwerden hielten sich bislang zwar in Grenzen. Dennoch hat Hupfer den Eindruck, dass ein externer Ansprechpartner wichtig ist. Er könne Kritik äußern, ohne Angst vor irgendwelchen Konsequenzen haben zu müssen.

Von der Arbeitsgemeinschaft zum Stammtisch

Uta Behringer sieht das ähnlich. Sie war etliche Jahre Bewohnerfürsprecherin und hat die Arbeitsgemeinschaft der Bewohnerfürsprecher und -vertreter geleitet. Die Gruppe stellt auch Delegierte für den Stadtseniorenrat, doch seit geraumer Zeit mangelt es an Teilnehmern. Deshalb wandelt sich die AG gerade zum losen Stammtisch, an dem sich die Fürsprecher unverbindlich treffen. 

Das inhaltliche Engagement bleibe aber erhalten, betont Behringer. Es gehe bei dem Ehrenamt um eine Art Coaching, sagt die 74-Jährige. Aufgabe der Fürsprecher oder Vertreter sei es, »ein gedeihliches Miteinander« zu gestalten. Der Umgang der Heimleitungen mit dem Amt sei sehr unterschiedlich, für manche Heimleitungen sei es sogar »ganz wunderbar«, wenn keine wirksame Interessenvertretung bestehe. Da werde dann in Pflegeabteilungen eine Bewohnervertretung von Menschen gewählt, »die nicht mal mehr einen Bleistift halten können«. 

Behringer fordert deshalb Änderungen von der Politik. »Es muss jemand dabei sein, der etwas von der Sache versteht. Wenn man nicht involviert ist in den Betrieb, hat man die Möglichkeit, den Mund aufzumachen, um eventuelle Missstände zu benennen.« Die Bewohner, so ihre Beobachtung und auch die von Jürgen Wilhelmi, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Stadtseniorenrat, scheuen sich da zum Teil – aus Angst, sich unbeliebt zu machen. »Selbst wenn es eine Bewohnervertretung gibt, sollte ein Externer dabei sein.« 

Der Seniorenrat fordere zudem eine gesetzliche Regelung für das Betreute Wohnen, betont der Vorsitzende des Gremiums, Christian Marguliés. Bislang sei der Begriff des Betreuten Wohnens rechtlich nicht geschützt, »hier gibt es auch keine verpflichtende Wahl von Bewohnervertretungen.«

Lohnenswert sei das Engagement in den Heimen in jedem Fall, das findet auch Uta Behringer. »Man kriegt von den alten Leuten ganz viel zurück.«

Text: Silke Roennefahrt
Foto: Michael Matejka

Information

Kontakt zum Stammtisch der Bewohnerfürsprecher erhalten Interessierte per Mail an Bewohnervertretung-N@t-online.de 

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