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Unser Enkelsohn erzählt, er werde zu Hause verprügelt

vignette_mielenzUnser Enkelsohn, 7 Jahre alt, ist ein phantasievolles, aufgewecktes Kind, das Spaß am Fabulieren hat. Also haben wir Großeltern uns nichts dabei gedacht, als er uns erzählte, er werde zu Hause mit einem Stock verhauen. Da das nicht sein kann, aber eben doch Zweifel bleiben, wenn ein Kind solche Geschichten erzählt, haben wir mit den Eltern darüber gesprochen, die nur lachten und meinten, da hätte er sich wohl wieder mal was ausgedacht, um sich wichtig zu machen.

Damit war die Geschichte aber lange noch nicht zu Ende. Wenig später erzählten unsere Kinder, dass sie von der Leiterin des Kinderhorts einen Anruf erhalten haben und zum Gespräch gebeten worden sind. Offenbar erzählte unser Enkelsohn auch dort von seinen häuslichen „Misshandlungen“. Das werde sich schnell aufklären, meinte unser Sohn, denn er sei von gewaltfreier Erziehung überzeugt und schlage sein Kind nicht. Die Leiterin hat danach noch eingehende Gespräche mit unserem Enkelsohn geführt, in denen er seine Behauptungen wiederholte. Dann meldete sie dem Jugendamt den Vorfall. Es entwickelte sich eine schier endlose Reihe von Gesprächen und Telefonaten, bei denen sogar gedroht wurde, unseren Enkelsohn aus der seiner Familie „herauszunehmen“.

Erst die Lehrerin in der Grundschule konnte helfen. Sie hatte bislang nichts von den Vorwürfen und auch nichts vom Jugendamt gehört. Sie beschrieb unseren Enkelsohn als kontaktfreudig und als einen kleinen Selbstdarsteller, der nicht den Eindruck mache, geschlagen worden zu sein. Erleichterung machte sich bei den Eltern und uns, den Großeltern, breit. Dennoch, nach einer monatelangen Auseinandersetzung mit dem Thema, mussten unsere Kinder noch zweimal ein Elternseminar besuchen und gelten jetzt als „rehabilitiert“. Das Jugendamt hat sich allerdings überhaupt nicht bei unseren Kindern gemeldet.

Aber was war denn wirklich passiert? Vater und Sohn spielten häufiger mal das „Schwerterspiel“, bei dem unserer Enkelsohn schon mal „getroffen“ wurde. Er meinte wohl, er sei mit einem Stock verhauen worden. Und die Mutter hatte ihn zwei- oder dreimal am Arm gehalten, als er wieder mal Blödsinn angestellt hatte und nicht zuhören wollte.

Nun ist es ja richtig und wichtig, dass den Geschichten von Kindern, wenn sie von elterlicher Gewalt erzählen, höchste Aufmerksamkeit zu teil wird. Andererseits ist es auch wichtig, Geschichten dieser Art einordnen zu können. Pädagogen sollten das gelernt haben. Unser Enkelsohn hat übrigens eine neue Geschichte erfunden, jetzt arbeitet unserer Sohn für ein Sex-Magazin.

P.S. Ich habe meinen Beitrag nach einem Bericht in der Welt vom 7.1.2016 verändert nacherzählt.

 

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