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Der Aroma-Zauberer

Haben Sie schon einmal Erbsenschoten fermentiert? Nein? Nichts einfacher als das – zumindest für Andree Köthe. Derlei spezielle Verarbeitungs- und Zubereitungsmethoden sind für den Nürnberger Sternekoch »täglich Brot«.
Andree Köthe verwendet von der Wurzel bis zum Blatt (fast) alles. Foto:  Michael Matejka
Andree Köthe verwendet von der Wurzel bis zum Blatt (fast) alles. Foto: Michael Matejka

Haben Sie schon einmal Erbsenschoten fermentiert? Nein? Nichts einfacher als das – zumindest für Andree Köthe. Derlei spezielle Verarbeitungs- und Zubereitungsmethoden sind für den Nürnberger Sternekoch »täglich Brot«.

von Ilona Hörath

Zuerst werden die Erbsen ausgepult, beim Trocken leicht gebräunt und schließlich zu feinem Pulver vermahlen. Die Erbsenschoten selbst werden fermentiert, ebenfalls getrocknet und auch daraus entsteht ein Pulver. In der richtigen Mischung der beiden Pulver und unter Zugabe von etwas Sahne ergibt dies nicht nur eine köstliche Creme, sondern, wie Köthe sagt, »ein irre intensives Aroma, um darauf andere knackige Aromen zu setzen«. Zum Beispiel Fenchel oder grüne Bohnen.

Fermentiertes Gemüse besitzt Heilkraft

Nichts ist vor Andree Köthe und seinem Küchenteam sicher: »Wir verarbeiten alles – von der Wurzel bis zum letzten Blatt.« Auch Lauch weiß Köthe auf ganz spezielle Art in ein Aroma-Feuerwerk zu verwandeln. Insofern wundert es nicht, wenn er die von Natur aus acht bis neun Zentimeter langen Wurzeln eines »frisch gezogenen« Frühlingslauchs erst einmal in einer Mischung aus Zitronensaft und Puderzucker einlegt oder getrocknete Lauchwurzeln ebenfalls »pulverisiert«.

Seit Jahrhunderten nutzen viele Völker die Heilkraft von rohem fermentiertem Gemüse. Bei uns ist dieser Gärungsprozess aber leider ziemlich in Vergessenheit geraten. Wir kennen diese Form vielleicht gerade bei der Herstellung von Sauerkraut oder wenn man Gurken zu Salzgurken werden lässt. Dabei war auch in Deutschland fermentiertes Gemüse vor einigen Jahrzehnten noch wichtiger Bestandteil der Wintervorräte. Sie sorgten in der gemüse- und salatarmen Jahreszeit für eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Neben ihrem köstlichen Geschmack liefern diese auf besondere Weise haltbar gemachten Gemüsesorten außerdem lebendige Bakterienkulturen.  Das Produkt wird bekömmlicher und regt die Verdauung an.

Eine »Küche wie bei Muttern« ist mit und bei Andree Köthe jedoch nicht zu haben. Dazu müsse man dann schon woanders essen gehen, meint der Spitzenkoch, der gemeinsam mit Yves Ollech am Nürnberger Weinmarkt den Gourmettempel »Essigbrätlein« führt. »Bei uns sind die Gerichte von Grund auf eigenständig.« Die feinen Speisen, die er auf den Teller zaubert, gebe es nirgends sonst auf der Welt. Im Jahr 2012 kürte der Restaurantführer Gault Millau Köthe zum »Koch des Jahres«, 1997 erhielt das Essigbrätlein den ersten Stern im exquisiten Gastro-Führer Guide Michelin. Seit 2007 ist es dort mit zwei Sternen verzeichnet.

Regionale Aromen stehen im Vordergrund

Wenn Andree Köthe über das Essen, oder besser gesagt übers Kochen redet, geht es um nicht weniger als seine Aroma- und Gemüseküche, für die er bekannt ist. Köthes Speisen im Essigbrätlein haben ihren ziemlich gehobenen Preis, teure Luxusprodukte wie Hummer oder Kaviar sind jedoch kaum zu finden.

»Wir kochen nicht fränkisch, sondern mit regionalen Aromen«, erklärt der gebürtige Nordhesse. Ackerrettich, Brokkoli, Blumenkohl, der Blüten treibt, oder die jungen Triebe von Wirsing; Sellerie, den er selbst »ausbuddelt«, Schwarzwurzel oder Steckrüben: Aus diesen traditionellen und vermeintlich »einfachen« Produkten holt er deren ureigene Aromen heraus, kombiniert sie, balanciert sie aus und setzt sie kunstvoll zu kulinarischen Köstlichkeiten zusammen. Im Mund sollen »alle Aromen anschlagen«, sagt Köthe, denn: »Nichts erlahmt schneller als der Gaumen.« Und: »Es gibt nichts Schöneres, als den Geschmack zu trainieren und auf den Teller zu bringen.«

Rezept: Wirsing mit Hafer

Für 4 Personen

Zutaten:
1 Wirsing
100g Haferkörner
180 ml Sahne
30g Butter

Zubereitung:
Die Wirsingblätter vorsichtig abtrennen, nur das Wirsingherz mit 10 cm Durchmesser im Ganzen lassen. Das Wirsingherz auf beiden Seiten gerade schneiden und in 4 halbe Scheiben aufteilen. Die äußeren Wirsingblätter entsaften und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Von den zarten inneren Wirsingblättern 8 Ringe mit 3cm Durchmesser ausstechen und 8 Ringe mit zartem Stiel ausstechen. 8 dünnere Stiele herausschneiden. 1 Handvoll grünen Wirsing in feine Würfel schneiden. 2 Wirsingstiele in feine Stücke schneiden. 70 g Hafer 24 Stunden in Wasser einweichen. Den restlichen Hafer fein mahlen und mit 70 ml Sahne und 150 ml Wasser aufkochen und 45 Minuten bei wenig Hitze quellen lassen. Die Hafercreme mixen und durch ein Sieb streichen.
Fertigstellen:
In viel Wasser mit Salz und Zucker die ganzen Stiele 7 Minuten, die Ringe mit Stielen 4 Minuten und die Wirsingblattringe 2,5 Minuten kochen und dann in Eiswasser geben. Den gekochten Wirsing auf einem Küchentuch trocken tupfen. Den fein geschnittenen Wirsing mit etwas Butter und 2 Esslöffeln Kochfond (vom Wirsing) anschwitzen. Die klein geschnittenen Stiele mit Salz, Zucker und Olivenöl würzen. Den eingeweichten Hafer mit viel Butter hellbraun braten. Den abgekochten Wirsing  2 Minuten in den Dampfgarer schieben, würzen und mit allen Zutaten anrichten.

 

Rezept: Meerrettich mit Brot
Für 12 Personen

Zutaten:

80g Frischkäse
30ml Milch
1 Stange frischen Meerrettich
0,3l Rote Bete Saft
20g Zucker

Zubereitung:
Den Rote Bete Saft auf 0,1l einkochen. Die Rote Bete an beiden Seiten gerade schneiden.
Den Frischkäse mit der Milch glatt rühren und  3 Eßlöffel frisch geriebenen Meerrettich unter die Creme rühren. Die Meerrettichcreme ca. 2 Stunden kaltstellen, dann durch ein Sieb streichen.
Von dem restlichen Meerrettich 100g feine 3cm lange Streifen schneiden.Die Meerrettichstreifen in reichlich Wasser aufkochen und unter kaltem Wasser gut abspülen.
Die Meerrettichstreifen mit 200ml Wasser und 20g Zucker aufkochen,1 El. fein geriebenen Meerrettich zugeben und in ein Glas mit Deckel heiß abfüllen.
Aus einem Weißbrot 12 2x2cm große Würfel schneiden.
Fertigstellen:
Die Brote im Dampfgarer bei 100 Grad und 100% Feuchtigkeit 1 Minute bedampfen. Die Brote auf Spieße stecken, in den Rote Bete Saft tauchen und mit Meerrettichcreme und Meerrettichstreifen dekorieren.

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Wer dem Spitzenkoch bei der Arbeit zuschauen und lernen will, wie man aus ganz gewöhnlichen Wurzeln besondere Aromen herauskitzelt, hat auf der Messe Inviva 2015 die beste Gelegenheit dazu. Am 21. Februar wird er um 14.30 Uhr auf der Hauptbühne in Halle 12 unter dem Motto »Rote Bete, Sellerie, Lauch und Petersilienwurzel« über das Fermentieren von Gemüse sprechen und aus dem Koch-Nähkästchen plaudern – kleine Kost- und Geschmacksproben inklusive.

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