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Neuer Atem für alte Urwaldriesen

vignetteFargel Hello all, so an die zweitausend Stück hat er in den letzten zehn Jahren davon geschnitzt. Von Daumennagel kleinen Winzling bis hin zu Fuß großen Riesen. Nasen, täuschend echt – abgesehen von ungewöhnlichen Dimensionen- , dunkel und glänzend aus Teak, Mahagoni oder Ebenholz.
Herr Zorollah Bin Silin ist Holzschnitzer, ein Orang Asli aus Taman Negara. Er gehört zu jenen Ureinwohnerminderheiten, die Gefahr laufen, von der rasanten Modernisierung Malaysias an den sozialen Rand gedrückt zu werden. Er war „so ungefähr“ Mitte fünfzig, als ihn vor zehn Jahren Mitarbeiter der staatlichen Kulturförderung in den kleinen Kunstgewerbepark nach Kuala Lumpur geholt hatten. Dort kann man ihm beim Schnitzen zusehen und natürlich seine Schnitzereien kaufen. Eulen, Messerscheiden für Dolche – und eben Nasen; die am liebsten; man sieht es, die kann er perfekt. Warum Nasen, Herr Zorollah?
Weil ihm das abgestorbene Holz, Abfall der Tropenholz- Möbelfabriken, leid tat. Er hatte sich gedacht, das waren mal Teile von hoch in den Himmel aufragender Bäume, die mit Ästen und Blätterwerk ihre Wurzeln, den Urwald und die Welt beatmet hatten; seine Nachbarn im Dschungel. Nun lagen sie als Reste der Sägewerke im trockenen Holzstaub. Da kam ihm die Idee, einem der abgestorbenen Holzstücke wieder Atem einzuhauchen, indem er ihm eine Nase schnitzte. Er formte die Nase so realistisch, dass sie eigentlich von selbst atmen könnte. Außerdem, er habe gehört, dass beim Menschen die Nasen ein Leben lang weiter wachsen. Da wäre es doch fein, wenn seine Holznasen die Menschennasen daran erinnerten, noch schön lange weiter zu wachsen.
Seit einigen Jahren schnitzt er seinen Nasen am Übergang von Nasenrücken zur Stirn einen senkrechten Abschluss. Ihm war aufgefallen, dass viele seiner eher älteren Besucher Brillenträger waren – für deren Brillen habe er nun einen nächtlichen Brillenparkplatz, eine Nachtnase geschaffen. Diese Modelle verkaufen sich nicht schlecht. Ich solle seine Idee aber nicht gleich kopieren, gab er mir beim Abschied mit auf den Weg – es gäbe da so Besucher, die würden immer nur fotografieren und sonst nichts mitnehmen.
Ich habe nicht fotografiert, aber seine Geschichte mitgenommen. Und nun atme ich noch etwas bewusster durch meine hoffentlich noch lange, klammheimlich weiter wachsende Nase.
Ihr Global Oldie
P.S.
Herr Zorollah bat mich, meinen Freunden zu sagen, wo man ihn fände; er habe keine Website. Ich mach’ das mal ausnahmsweise; für einen Orang Asli, der ohne Staatsstütze noch als Endsechziger seine Familie nährt:
Mr. Zorollah Bin Silin
Jaaz Niaga Enterprise im Pengusaha Kraf Ukiran Kaju; Kompleks Kraf;
Jalan Conlay; Kuala Lumpur, Malaysia
– Jetzt sind wir, quitt, Meister Zorollah

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