Wenn der langjährige Partner stirbt, ist das immer ein schwerer Schlag. Zur Trauer kommen häufig auch noch finanzielle Sorgen. Eine Hinterbliebenenrente kann wenigstens dieses Problem mildern. Doch nicht alle Witwen oder Witwer profitieren davon, manche gehen leer aus. Nicht jedem ist das bekannt.
Auch Maria W. (Name geändert) fiel aus allen Wolken, als die Mitteilung der Rentenversicherung kam. Nicht einen einzigen Cent sieht sie von dem, was ihr verstorbener Mann zu seinen Lebzeiten an Rente bekommen hat. »Ich finde das ungerecht«, sagt die 65-Jährige. »Er hat ja viele Jahre eingezahlt und die Ansprüche erworben.« Sie selbst habe zwar immer gearbeitet und beziehe eine gute Rente. »Aber sämtliche Fixkosten muss ich jetzt alleine tragen. Das hat doch mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun.«
Die Nürnbergerin ist nicht die einzige, der es so geht. Auch die Versichertenälteste Petra Riegel, die seit 25 Jahren in Nürnberg zu Fragen rund um die Rente berät, stellt immer wieder fest, dass einige Hinterbliebene mit höheren Beträgen rechnen und enttäuscht sind, wenn die Zahlung niedrig ausfällt oder gar nicht erfolgt. »Viele wissen nicht, was bei der Ermittlung der Ansprüche alles berücksichtigt wird.« Das sei ungerecht, diesen Satz bekommt auch sie immer wieder zu hören. »Ich versuche dann, zu erklären, dass man sich die Ansprüche nicht selbst erworben hat«, sagt Riegel. »Man kann sein Leben nicht auf der Witwenrente aufbauen. Das ist wirklich nur ein Zusatzeinkommen.«
Umgekehrt gilt aber auch: Wer nur eine geringe eigene Rente hat, der wird in der Regel von der Hinterbliebenenrente profitieren. Überwiesen werden normalerweise 55 Prozent der Rente des Verstorbenen (Ausnahmen gelten für Verwitwete vor dem 47. Lebensjahr ohne Kinder, die nur geringere und befristete Leistungen bekommen). Das eigene Einkommen wird dabei jedoch seit 1986 angerechnet.
Auch Mieteinnahmen zählen
Männer und Frauen sind seitdem bei der Hinterbliebenenrente gleich gestellt. Zuvor gingen Männer meistens leer aus. »Eine Witwerrente gab es nur, wenn die Frau überwiegend den Familienunterhalt bestritten hat«, sagt Stefan Braatz, stellvertretender Sprecher der Deutschen Rentenversicherung. Was viele nicht wissen: Seit 2002 wird bei der Berechnung der Ansprüche nicht nur das eigene Einkommen in Form von Gehalt, Rente oder ähnlichem angerechnet, auch weitere Einkünfte wie etwa Kapitalerträge oder Einnahmen aus Vermietung zählen mit. Eine einfache Formel zur Berechnung der eigenen Ansprüche gibt es nicht, deshalb raten Experten wie Petra Riegel dazu, in jedem Fall einen Antrag zu stellen.
Laut Deutscher Rentenversicherung wird vom Bruttoeinkommen oder der eigenen Rente zunächst ein Pauschalbetrag abgezogen, um das Nettoeinkommen zu ermitteln. Von dem so ermittelten Betrag wird dann ein Freibetrag von derzeit knapp 1000 Euro abgezogen. Von dem Betrag, der dann noch übrig bleibt, werden 40 Prozent berücksichtigt. Dazu ein vereinfachtes Rechenbeispiel: Ein Rentner bezieht eine eigene Nettorente von 1300 Euro im Monat, damit liegt er rund 300 Euro über dem Freibetrag. Von den 300 Euro werden jedoch nur 40 Prozent, also 120 Euro, auf die Hinterbliebenenrente angerechnet. Beträgt diese Hinterbliebenenrente 400 Euro, bekommt er davon also 280 Euro. Hätte er oder sie jedoch eine höhere Nettorente von beispielsweise 2000 Euro, läge er oder sie rund 1000 Euro über dem Freibetrag. Dann würden ebenfalls 40 Prozent, also 400 Euro angerechnet und der Betroffene ginge (bei einer Hinterbliebenenrente von 400 Euro) leer aus, weil die Ansprüche das eigene Einkommen nicht übersteigen. Und das ist gar nicht mal so selten: Im vergangenen Jahr zählte die Deutsche Rentenversicherung immerhin 538.000 solcher »Nullrentner«.
Der Sozialverband VdK hält einen höheren Freibetrag für Hinterbliebene für notwendig. Der Freibetrag müsse der Lohnentwicklung folgen. Vor allem junge Hinterbliebene mit Kindern bekämen häufig Witwenrenten noch unterhalb des Existenzminimums. Grundsätzlich unterstreicht der Verband jedoch die soziale Funktion der Hinterbliebenenrente, vor allem für verwitwete Frauen, die keine oder nur geringe eigene Rentenansprüche erworben haben, weil sie sich um die Familie gekümmert haben. »Witwenrenten sind noch immer ein wirksames Mittel gegen Altersarmut bei Frauen«, betont Christiane Straub, Bezirksgeschäftsführerin des VdK in Mittelfranken.
Das zeigen aus Sicht des VdK auch Zahlen der Deutschen Rentenversicherung: Demnach bekamen Männer in den alten Bundesländern Ende 2021 im Schnitt nur 338 Euro Hinterbliebenenrente, bei den Frauen waren es mit 684 Euro im Monat mehr als doppelt so viel. Langfristig fordert der VdK jedoch, an anderen Stellschrauben zu drehen, damit sich Beruf und Familie noch besser unter einen Hut bringen lassen und jeder Erwerbstätige eine auskömmliche Rente erwirtschaften kann. »Die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern muss ein Ende haben«, betont Straub. »Es muss eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf geben.« Zudem müsse es einen Lohn für pflegende Angehörige und eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro Verdienst geben.
Auf jeden Fall: Antrag stellen!
Wichtig im Übrigen: Eine Witwen- oder Witwerrente wird nicht automatisch ausgezahlt, sie muss beantragt werden. Einen Anspruch darauf haben Ehepartner sowie eingetragene Lebenspartner, wenn der Verstorbene mindestens fünf Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat. Ausgenommen sind Paare, die sich für das Rentensplitting entschieden haben, bei ihnen werden die erworbenen Ansprüche geteilt, eine Hinterbliebenenrente gibt es dann nicht.
In den ersten drei Monaten nach dem Tod des Partners erhält der Hinterbliebene die Rente des Verstorbenen in voller Höhe ausbezahlt, in dieser Zeit wird auch das eigene Einkommen nicht angerechnet. Auch für die Hinterbliebenenrente müssen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden, und zwar nicht etwa, »um einen Toten zu versichern«, wie viele Betroffene meinen, sondern weil es sich jetzt um eigene Einkünfte handelt.
Silke Roennefahrt; Foto: photocase.de – Edyta Pawlowska
Information
Der Sozialverband VdK hilft seinen Mitgliedern bei allen Fragen rund um die Witwenrente sowie bei der Antragstellung.
VdK-Kreisgeschäftsstelle, Rosenaustraße 4, 90429 Nürnberg Telefon 09 11 / 27 95 50, www.vdk.de/bg-mittelfranken
Der Tod des Lebenspartners ist nicht nur ein emotionaler Verlust. Oft kommen finanzielle Einbußen hinzu, wenn die Hinterbliebenenrente winzig ist.
3 Antworten
Der Bericht löst bei älteren Rentnern/Rentnerinnen vermeidbare Unsicherheiten aus. Dieser Personenkreis rechnet noch mit einer Hinterbliebenenrente in Höhe von 60 % der Rente des Verstorbenen. Einen Hinweis auf dieses “alte Recht” (ein Partner vor 02.01.1962 geboren / Heirat vor 01.01.2002) wäre sicherlich nicht zu umfangreich geworden und hätte zur Klarheit beigetragen.
Die Versichertenälteste, Frau Petra Riegel, hätte es sicherlich ergänzt, wenn sie den Artikel vor der Veröffentlichung durchgelesen hätte.
Freundliche Grüße
Wilfried Erbe
Danke für diese wichtige Info.
In meinem Fall wurde die Witwenrente komplett gestrichen mit der Begründung, dass die eigene Rente zu hoch ist. Mann 1952 geboren, Heirat deutlich vor dem 1.1.2002. Wie kann das sein? Es geht nicht nur um den Betrag, der nicht ausgezahlt wird, sondern auch um die Kränkung, denn Beiträge durfte mein Mann über Jahre hinweg bezahlen. Aber das zählt nach nichts mehr.