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Wischen, klicken – und cool bleiben

Voneinander lernen: Im Bürgerzentrum Mehrgenerationenhaus Forchheim erklären Schülerinnen den älteren Kursteilnehmern den ­richtigen Umgang mit dem Smartphone.

Es ist eine Stunde der Aha-Erlebnisse: Im Bürgerzentrum-Mehrgenerationenhaus Forchheim erkunden Senioren die Möglichkeiten von Tablet und Smartphone. Vier Schülerinnen der neunten Klasse der Adalbert-Stifter-Grund- und Mittelschule schlüpfen in die Rolle der Lehrerinnen. Die Ältere hören ihnen aufmerksam zu, um dann die einzelnen Schritte nachzuvollziehen. Und es funktioniert. Hans Brunner, dem die 15-jährige Miray zeigt, wie er bei Whatsapp seinen Status sehen kann, meint ganz trocken: »Mein Status ist derzeit Nichtwissen«. Am Ende des 45-minütigen Computerkurses wird er sagen: »Tatsächlich, wenn man es so erklärt bekommt und beherrscht, ist es ganz einfach.«

Vom Beherrschen der Technik sind er und die anderen Computer-Neulinge zwar noch weit entfernt, aber das Eis ist gebrochen und die erste Scheu vor der Technologie abgelegt. Das ist nicht nur wichtig für den Alltag, der auch für ältere Menschen immer mehr von Notebooks, Tablets und Smartphones geprägt ist, sondern auch für das Verständnis zwischen Jung und Alt. Kathrin Reif, die Leiterin des Bürgerzentrums, hatte das Konzept der Computerkurse schon vor 14 Jahren entwickelt, als im Schulwesen noch wenige von Digitalisierung gesprochen hatten. In Martin Horn, dem Rektor der benachbarten Adalbert-Stifter-Schule, fand sie einen Mitstreiter. Er gewinnt seither Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen für die Kurse. »Noch nie habe ich damit Probleme gehabt«, sagt er, »alle sind begeistert, ihr Wissen auch außerhalb der Schule beweisen und weitergeben zu können«. 

Wie man eine App installiert

Gleich nach Schulschluss kommen Miray, Luisa, Antigona und Ilary herüber ins Mehrgenerationenhaus, wo ihre kleine »Klasse« gespannt wartet. Die anfängliche Nervosität – auf beiden Seiten – legt sich schnell. Luisa macht schon zum zweiten Mal mit, weil ihr die Premiere vor ein paar Wochen so gut gefallen hat (»das hat richtig viel Spaß gemacht«), und sitzt mit Rentnerin Elisabeth Burkhart zusammen. Ihr erstes Problem, ein aufwendiges Musikprogramm fürs Tablet, können beide nicht lösen, Rektor Horn empfiehlt dafür einen Spezialisten aus seiner Schule. Die 68-Jährige hat aber noch eine Reihe anderer Fragen. Wenig später weiß Elisabeth Burkhart, wie man eine App installiert und anwendet, oder wie sie die Whatsapp-Nachrichten ihrer Tochter, die aus Neuseeland in englischer Sprache kommen, ins Deutsche übersetzt. 

Vorbehalte gegen die neue Technik hat die Rentnerin allerdings immer noch: Online-Banking würde sie nie machen, sagt sie. Sie ist skeptisch, ob das wirklich so sicher ist wie von Banken und Sparkassen versprochen. 

Größere Bedenken hat Walter Brunner (Name geändert), der lange überlegte, ob er neben seinen Hobbys – er ist unter anderem begeisterter Läufer und Rennradfahrer – überhaupt »Zeit für so etwas« hat. Brunner ist nämlich »ein bisschen gegen das Moderne«. Um auf Nachfrage gleich einzuschränken: »Wenn ich so strikt dagegen wäre, wäre ich nicht hierher gekommen.«

Dass Schülerinnen und Schüler die Kurse abhalten, findet er prima. Das war für ihn ein Grund, sich anzumelden. Er hatte sich ein Smartphone zugelegt, um bei einem Unfall mit seinem Rennrad schnell einen Notruf absetzen zu können. Das Mobiltelefon möchte er jetzt auch nutzen, um an einer Whatsapp-Gruppe teilzunehmen, zu der er eingeladen wurde. Wie das funktioniert, lernt er mit Mirays Hilfe fast spielerisch. Und weil’s so schön war, lässt er sich auch gleich noch in ein paar weitere Kniffe zeigen – jeder Schritt ist ein Erfolgserlebnis. Vom anfänglichen »Status Nichtwissen« kann nicht mehr die Rede sein. Und so, wie er seine »Lehrerin« Löcher in den Bauch gefragt hat, kann man sich vorstellen, dass er die Kenntnisse zu Hause nun nutzt, um selbst zu erkunden, was in dem Handy so alles steckt.

Schritt für Schritt aufgeschrieben

Erfolgserlebnisse hat am Tisch nebenan auch Karl Meister (Name geändert), der zum zweiten Mal dabei ist und »diesen Kurs jedem Senior empfehlen kann«. Diesmal möchte Meister wissen, wie er Nachrichten im Handy so abspeichern kann, dass er sie auch wieder findet, und wie er am besten mit dem QR-Code umgeht. Antigona und Ilary helfen ihm mit großem Geschick. Meister schreibt sich Schritt für Schritt auf und probiert auch gleich, ob es funktioniert – das tut es. Am Schluss kann er per QR-Code den Fragebogen eines Wirtschaftsmagazins ausfüllen und abschicken. 

Dass die Computerkurse und andere Projekte des Forchheimer Bürgerzentrums so gut ankommen, erklärt Katharina Reif so: »Viele Erwachsene haben bestimmte Vorstellungen, wie junge Leute ticken«. Aber die stimmten oft nicht. Bei persönlichen Begegnungen würden Vorbehalte schnell abgebaut, bei Älteren und Jüngeren. Beide Seiten profitieren. Die Senioren lernen mit moderner Technik umzugehen, und die Jugendlichen merken, dass ihr Wissen wertgeschätzt wird. Katharina Reif zitiert auch gerne einen Schüler, der nach einem solchen Kurs sagte: »Cool, hier der Besserwisser zu sein.« 

Text: Herbert Fuehr
Fotos: Mile Cindric

Information

  • Bürgerzentrum Forchheim, Paul-Keller-Str.17, 91301 Forchheim 
  • Weitere Infos im Internet: bz-mgh.de
  • Kontakte: Kathrin Reif, Telefon 09191-61 55 287 und Mail k.reif@forchheim-nord.de 

Das Bürgerzentrum leistet unter anderem organisierte Nachbarschaftshilfe, veranstaltet kostenlose Sonntagsfrühstücke, Kaffeenachmittage, Spieltreffs, Sport für Senioren, Kurse zur Sturzprävention und Integrationshilfe durch erfahrene Lotsen. 

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