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Sie betreuen Angehörige psychisch Kranker

Ingrid Geier und Hartmut Garreis haben es selbst erlebt, wie schwer es ist, wenn ein Angehöriger an einer psychischen Krankheit leidet.

Seit 2014 verleiht die Stadt Nürnberg – repräsentiert durch die Stifterinitiative Nürnberg – einen Stifterpreis. Das ist eine Ehrung ohne finanziellen Zuschuss, eine öffentliche Anerkennung für das Engagement. In diesem Jahr geht der Stifterpreis an Hartmut Garreis und Ingrid Geier. Garreis steht an der Spitze der ApK-Stiftung. Die Abkürzung steht für »Angehörige psychisch Kranker«. Ingrid Geier vertritt als Vorsitzende seit 2009 den Verein ApK Mittelfranken. 

Bei ApK geht es um Schicksale. Die Seele ist ein höchst empfindliches Organ, das aber nicht zu vermessen ist. Wir wissen nicht einmal, wo wir sie im Körper situieren sollen. Wir können sie nicht finden. Aber wir spüren sie – manchmal in uns selbst, oft aber an anderen. Nämlich dann, wenn deren Seele krank wird. Wenn sich Verhalten ohne Erklärung verändert. Ein Mensch, der an Schizophrenie leidet, lebt in einer anderen Welt. Er kann Handlungen vollziehen, die ihn selbst oder andere gefährden. Man muss ihn dann isolieren. Er kommt in psychiatrische Behandlung. Medikamente wirken auf ihn ein. Wer sich außerhalb von Kliniken um ihn zu kümmern versucht, gerät in ganz großen Stress.

Soziale Diskriminierung

Ingrid Geier, gelernte Bankfachwirtin, erzählt von einem Onkel, der mit dieser Krankheit geschlagen war. Sie hat das von Kindheit an miterlebt, hat erlebt, wie sich ihre Familie zermürbt hat bei den Versuchen, dem Kranken zu helfen. Sie weist auch gleich darauf hin, dass nicht nur die Kranken, sondern auch deren Angehörige schnell sozialen Diskriminierungen ausgesetzt werden. Die Gesellschaft grenzt gern diejenigen aus, die anders sind oder erscheinen. Auch das trägt zum Stress pflegender Angehöriger bei. Die Kranken selbst kämpfen um Anerkennung. »Sie tragen keinen Gips«, sagt Ingrid Geier. Das heißt, sie werden von manchen Menschen überhaupt nicht als Kranke akzeptiert. In dieser Situation sucht man Hilfe, Austausch, Unterstützung. Deswegen wurde 1993 der ApK Mittelfranken gegründet, der Verein Angehöriger und Freunde psychisch Kranker. 

Ingrid Geier war Gründungsmitglied. Genau wie Hartmut Garreis, der inzwischen die Stiftung leitet, die aus diesem Verein hervorgegangen ist. Auch Garreis erzählt seine Geschichte. Er ist Diplomhandelslehrer, hat die Ausbildung an der Universität ergänzt und lange einen Lehrauftrag für evangelische Religionspädagogik an Berufsschulen in Erlangen und Bamberg erfüllt. Ein Mann, der von Leben, Philosophie und der Musik des Arztes Albert Schweitzer (1875-1965) inspiriert wurde.

In diesem Kontext hatte er seine Frau kennengelernt, eine Holländerin, die in Haiti als Krankenschwester arbeitete. Von Anfang der Beziehung an gab es bei ihr leichte Zeichen von Depression. Die wuchsen sich aus, wurden medikamentös manchmal gedämpft. Dann brachen sie verstärkt wieder durch. Sie wurde unfähig zur Erziehung der beiden Kinder. »Wie erstarrt saß sie vor dem Kühlschrank«, erinnert sich Hartmut Garreis. Schließlich musste sie stationär eingewiesen werden. 2002 beging sie Suizid.

Langer Kampf um Gesundung

Es ist eine Geschichte vom langen Kampf um Gesundung, der schließlich den anscheinend Gesunden selbst krank werden lässt. Garreis bekam eine mittelschwere Depression, musste die Fürsorge für seine Frau durch Trennung abbrechen, musste für acht Wochen in eine Klinik. Es ist eine Geschichte von Ratlosigkeit, die Garreis erzählt. Wer hilft? Wer hat Verständnis? Mit wem kann man die Sorgen besprechen? 

Die Gesellschaft kennt keine Institutionen für solche Nöte. Vereine sind nötig. Ehrenamt! Im Flyer, mit dem sich der ApK Mittelfranken vorstellt, heißt es: »Und plötzlich ist alles anders: Ein Angehöriger oder eine Freundin verhält sich seltsam…Oder hat von seiner Ärztin eine Diagnose mit ‚Psy…‘ bekommen… Oder die Polizei war da… Oder eine Bezirksklinik hat angerufen… oder, oder, oder…« Das können die Auslöser für die Probleme sein, bei denen der Verein Hilfe anbietet.

Hilfe kostet Geld. Das wird durch Mitgliedsbeiträge generiert, durch Spenden. Am besten lässt es sich in einer Stiftung verwalten Deswegen hat der Verein 2002 die »Stiftung ApK« ins Leben gerufen, die nun mit dem Nürnberger Preis gewürdigt worden ist. Damals genügten 50.000 Euro als Stiftungskapital. Es gab auch eine Förderung über die Gesetzlichen Krankenkassen. Die ist inzwischen eingestellt. Doch es gibt erhebliche Zuwendungen durch die arano Group GmbH, ein Nürnberger Zeitarbeit-Unternehmen. Zum Jahresbeginn gab die Staatsphilharmonie Benefizkonzerte, von denen auch die ApK-Stiftung profitiert.

Der Stiftungszweck ist die materielle Unterstützung von Angehörigen psychisch Kranker. Es geht womöglich um Umzugskosten oder Erholungsaufenthalte. Hartmut Garreis träumt von einer Wohnung in der Stadt, in der sich Betroffene für ein paar Tage rekreieren können. Denn das Leben mit Menschen, deren Seele Wunden trägt, ist sehr anstrengend. 

Text: Herbert Heinzelmann
Foto: Giulia Iannicelli / Stifter Initiative

Information: Unterstützung wird gebraucht, finanziell für die Stiftung, ideell und mit Freude am Engagement für den Verein. Daher hier das Spendenkonto und ein Kontakt: IBAN: DE67 7605 001 0004 9066 40; www.stiftung-apk-mittelfranken.de

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