Lange Zeit war die Steuerklärung für Rentner kein großes Thema. Doch seit ein paar Jahren steigt die Zahl der Ruheständler, die ihre Einkünfte dem Finanzamt melden müssen, kontinuierlich an. Der Grund: Seit 2005 werden die Renten stärker besteuert. Ob eine Einkommenssteuererklärung abgegeben werden muss oder auch nicht, hängt von der Höhe der Bruttorente und dem Jahr des Rentenbeginns ab. Tabellen geben Aufschluss darüber, wer betroffen ist. Wer 2005 oder früher in Rente gegangen ist, muss laut Bund der Steuerzahler 50 Prozent der Bezüge versteuern – die höchste Jahresbruttorente für das Jahr 2021, die bei einem ledigen Rentner steuerfrei bleibt, liegt in diesem Fall bei 17.900 Euro. Wer im Jahr 2021 in Rente gegangen ist, muss 81 Prozent der Bezüge versteuern. Das heißt, steuerfrei bleibt eine Jahresrente nur bis zu einer Höhe von 13.990 Euro – auch dieser Wert gilt nur für das Jahr 2021. Durch Rentenerhöhungen oder Neuerungen können sich die Beträge für frühere oder spätere Jahre ändern. Und: Wer über weitere Einkünfte verfügt, etwa in Form einer Betriebsrente oder aus Vermietungen, muss gesondert prüfen, ob er von der Pflicht zur Steuererklärung betroffen ist.
Papierform ist weiterhin akzeptiert
Die Beispiele zeigen bereits, wie kompliziert die Materie ist. Viele Informationen finden sich in erster Linie im Internet. Zudem kursieren immer wieder Gerüchte, dass die Steuerklärung ab sofort nur noch digital eingereicht werden kann. Das aber stimmt nicht, wie der Bund der Steuerzahler betont. »Eine grundsätzliche Verpflichtung für Rentner zur Abgabe der Steuererklärung auf digitalem Weg gibt es nicht«, sagt Daniela Karbe-Geßler, Leiterin Steuerrecht und Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler Deutschland. Die Finanzverwaltung favorisiere zwar seit mehreren Jahren die Abgabe auf elektronischem Weg, was den Vorteil habe, dass die Bearbeitung in der Regel auch schneller erfolge. »Unabhängig davon kann aber jeder Rentner oder Arbeitnehmer seine private Steuerklärung weiterhin in Papierform auf den amtlich vorgeschriebenen Formularen abgeben.« Ausnahmen gelten nur für Rentner, die weitere Einkünfte als Selbstständige, Gewerbetreibende oder aus Land- und Forstwirtschaft haben: Sie müssen tatsächlich den digitalen Weg für die Gewinnermittlung nutzen. Das aber treffe nur auf einen kleinen Teil der Senioren zu, betont die Expertin.
Woher kommen dann aber die Gerüchte, dass das Finanzamt nur noch digitale Erklärungen akzeptiert? Der Grund könnte sein, dass sich eine Vorgabe tatsächlich geändert hat. Steuerzahler, die ihre Erklärung über das Elster-Portal einreichen, konnten die komprimierten Formulare bisher ausdrucken und per Post an das Finanzamt schicken. Jetzt aber sei nur noch eine elektronische Übermittlung möglich, betont Karbe-Geßler. »Wenn ich die Daten ohnehin schon elektronisch eingebe, kann ich sie auch digital verschicken.«
Ab 80 viele Offliner
Viele Senioren nutzen jedoch lieber die Papierform, denn sie tun sich mit der digitalen Technik grundsätzlich schwer. Das zeigt auch eine repräsentative Umfrage des Nürnberger Seniorenamtes aus dem Jahr 2019. Demnach nutzen zwar 80 Prozent der 60- bis 69-Jährigen in Nürnberg das Internet, doch ab 70 steigt die Gruppe der Offliner deutlich an. Vor allem bei den über 80-Jährigen nimmt die Internetnutzung deutlich ab. Gut 70 Prozent gaben an, das Internet selten oder nie zu nutzen, weiß auch Christian Marguliés, Vorsitzender des Seniorenbeirates. »Das ist ein ganz großes Problem.« Im Schnitt sei nur jeder Zweite über 60 mit der Technik vertraut. Über die Seniorennetzwerke bietet die Stadt deshalb mit Hilfe ehrenamtlicher Digitallotsen Computerkurse in den Stadtteilen an.
Denn wer online-affin ist, hat es im Alltag oft leichter, das gilt auch für die Steuerklärung. Statt Formulare, die schon längst nicht mehr von den Behörden verschickt werden, persönlich etwa bei den Finanzämtern abzuholen, kann man sie sich herunterladen und bei Bedarf ausdrucken. Sämtliche Vorlagen stehen auf der Seite des Bundesfinanzministeriums zum Download bereit (formulare-bfinv.de). Noch einfacher wird es, wenn man sich die nötigen digitalen Fähigkeiten aneignet und dann ein neues Angebot nutzen kann: Der »digitale Steuerlotse« (www.steuerlotse-rente.de) wurde speziell für Rentner entwickelt und macht Senioren die Steuerklärung besonders leicht. Denn dort können sie seit 2020 eine vereinfachte Erklärung abgeben. Auch wer die Papierform wähle, müsse nicht alle Daten angeben, stellt Daniela Karbe-Geßler klar. In der Anlage »R« seien die entsprechenden Felder mit »E« gekennzeichnet. »Die bei der Finanzverwaltung vorliegenden Daten zur Rente müssen nicht eingetragen werden. Das macht es den Rentnern schon leichter.«
Dennoch sieht der Bund der Steuerzahler noch Verbesserungsbedarf. »Wir fordern, dass man die Rentner darauf hinweist, dass sie eine Steuererklärung abgeben müssen.« Über die Renteninformation, die regelmäßig verschickt wird, könne man auch Informationen zu den nötigen Formularen und eine kleine Ausfüllhilfe versenden. Grundsätzlich hält es auch der Bund der Steuerzahler für wichtig, dass die Papierform erhalten bleibt. Jeder müsse selbst entscheiden können, auf welchem Weg er die Erklärung einreicht. Und bis alle Älteren sich das nötige digitale Wissen angeeignet haben, dürfte es ohnehin noch eine Weile dauern.
Text: Silke Roennefahrt
Foto: Wolfgang Gillitzer