Mit einem Extrakt aus grünem Tee (Epigallocatechingallat, EGCG) und rotem Laserlicht wollen Forscher um den Ulmer Wissenschaftler Dr. Andrei Sommer die Alzheimersche Krankheit besiegen. Dank der ungewöhnlichen Kombinationstherapie konnten sie die für Morbus Alzheimer typischen Beta-Amyloid-Plaques (Aβ) im Modell-Experiment um mehr als 60 Prozent verringern.
Diese Ablagerungen stören die Signalübertragung zwischen Nervenzellen im Gehirn und verursachen so die bekannten Symptome der Krankheit. Die Idee für den neuartigen Therapieansatz ist bei der Grundlagenforschung am Institut für Mikro- und Nanomaterialien, Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik der Universität Ulm, entstanden: Materialwissenschaftler und Ingenieure hatten bei der Untersuchung von nanoskopisch dünnen Wasserschichten auf nanokristallinem Diamant festgestellt, dass sich diese bei Bestrahlung mit rotem Laserlicht ausdehnen. Nach Ende der Laserbestrahlung ziehen sich die Wasserschichten wieder zusammen. Diese Erkenntnisse gelten auch für Wasserfilme in lebenden Zellen. Beim Zusammenziehen können die Zellen Substanzen aus der unmittelbaren Umgebung aufnehmen.
Kurz zuvor war in Modell-Experimenten gezeigt worden, dass die Substanz EGCG Aβ-Ablagerungen bekämpft. Jetzt haben die Forscher diese beiden Erkenntnisse kombiniert und auf menschliche Neuroblastomzellen übertragen.
Im Modell-Experiment haben sie Neuroblastomzellen, die Aβ im Zellinneren angereichert hatten, EGCG ausgesetzt und mit Laserlicht der Wellenlänge 670 Nanometer bestrahlt. Bereits die EGCG-Behandlung konnte Aβ-Ablagerungen um die Hälfte reduzieren. Eine Minute alleinige Laserbestrahlung führte zu einer Verringerung von 20 Prozent. Nach der Kombinationsbehandlung aus EGCG und rotem Laser wiesen die Forscher rund 60 Prozent weniger Ablagerungen nach. Genaue Mechanismen sind Gegenstand weiterer Forschung.
Laserstrahlen im Bereich Rot bis Nahinfrarot wirken durch mehrere Zentimeter Gewebe und sogar durch die Schädeldecke hindurch. „Laserlicht in diesem Bereich wird bereits seit Jahren klinisch eingesetzt. In Kombination mit EGCG und anderen potentiellen Aβ-Zerstörern bieten sich vielversprechende Forschungsmöglichkeiten – mit dem Ziel Aβ-Ablagerungen im Gehirn zu verringern“, sagt Andrei Sommer.
„Die Ergebnisse zeigen zahlreiche Anknüpfungspunkte für hoch interdisziplinäre wissenschaftliche Projekte auf“, bekräftigt Professorin Iris-Tatjana Kolassa, Leiterin der Abteilung Klinische und Biologische Psychologie der Universität Ulm. Gerade die neuartige Kombination von materialwissenschaftlicher, psychologischer und medizinischer Grundlagenforschung könne zukünftig zu völlig neuen Ansätzen in der Behandlung altersbedingter Erkrankungen wie beispielsweise der Alzheimer Demenz führen.