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Frankenfreaks erkunden die Computerwelt

Es soll Zeitgenossen geben, die einsam an ihrem Computer verkümmern, die nur noch Begegnungen im weltumspannenden Datennetz genießen können und für die die reale Welt zusehends in unerreichbare Fernen rückt. Wer indes erfahren will, dass nicht nur Laptop und Lederhose, sondern auch Virtuelles und Wirklichkeit eine Symbiose eingehen können, der kann sich davon bei den Frankenfreaks überzeugen.
Die Frankenfreaks: Seit zehn Jahren gibt es diesen Club als eine von 121 Regionalgruppen des Internetportals »feierabend.com« mit weltweit über 166 000 Mitgliedern. Keiner der Frankenfreaks ist unter 60 Jahre alt.
Zweimal im Monat, jeweils am Montagnachmittag, treffen sich die fränkischen PC-Experten in der Brauereigaststätte »Gutmann« am Nürnberger Dutzendteich. Und da wird nicht nur gefachsimpelt über Webseitengestaltung und Internetsicherheit; da sitzen rund 30 Frauen und Männer gemütlich zusammen, bei Bier oder bei Kaffee und Kuchen, um zu erzählen, zu berichten. Kurzum: um Gemeinschaft zu pflegen.
Im »Gutmann« trifft sich gewissermaßen der harte Kern der Computer-Freunde. Denn die Frankenfreaks zählen immerhin über 800 Mitglieder, die sich in ihrer Freizeit im Internet austauschen, von Reisen berichten oder ganz einfach aus ihrem Alltag erzählen. Finanziert wird der Internet-Auftritt durch Werbung. Alle Feierabend-Mitglieder aus Aachen oder Athen, aus Zürich oder Zypern, können sich kostenlos eine eigene Homepage und eine E-Mail-Adresse im Internet-Portal einrichten.
Johannes managt den Club
Man spricht sich nur mit Vornamen an. Der 71-Jährige Eike beispielsweise ist seit fünf Jahren dabei. Er ist durch seine Lebensgefährtin zu den Frankenfreaks gekommen. »Anfangs wollte ich ausschließlich meine Computer-Kenntnisse verbessern«, sagt er. »Das will ich immer noch, aber das Gesellschaftliche spielt für mich doch eine große Rolle.» Der 65-jährige Dieter und der neun Jahre ältere Johannes nicken zustimmend. »Wir sind ein Computerclub«, versichert Johannes, »aber eben nicht nur.«
Johannes ist derjenige, bei dem alle fränkischen Fäden zusammenlaufen, der den Club gewissermaßen managt. Johannes Wosch (hier ausnahmsweise der volle Name) aus Schwanstetten im Kreis Roth: Der 74-Jährige, der gelernter Installateur ist, aber 42 Jahre lang als Außendienstmitarbeiter in verschiedenen Branchen gearbeitet hat, ist für die Gestaltung der fränkischen Website von Feier@bend zuständig. »Wir sind kein Verein«, versichert er, »wir sind eine verschworene Gemeinschaft«. Eine Gemeinschaft, die eben nicht nur über PC-Probleme palavert, sondern kulturelle Veranstaltungen besucht, Ausflüge macht, etwa zur Bundesgartenschau oder an den Brombachsee.
Eine Frauenquote braucht es bei den Frankenfreaks nicht. Erstens sind Frauen unter den Computerfreaks, weil sehr viele Paare gemeinsam beim Club sind. Und zweitens: die Singlefrauen schwärmen geradezu von den Männern. »Sie sind sehr charmant«, sagt Monika (64) und wirft dem Adam gegenüber einen koketten Blick zu. Bahnt sich da was an?
Johannes Wosch wehrt ab: »Wir sind keine Partnerschaftsvermittlung.« Freilich, wenn zwei ein spätes Glück fänden, freue man sich mit ihnen. Die 72-jährige Rosi, die früher als Erzieherin tätig war und Kindern immer noch Akkordeon- und Flötenunterricht gibt, ergänzt: »Manche haben schon mal bei uns reingeschnuppert und gedacht, da könnte sich was ergeben. Aber als die gemerkt haben, wie das bei uns läuft, sind sie irgendwann weggeblieben.«
Helmut, ein waschechter, putzmunterer 83-jähriger Franke hat, als er vor 23 Jahren in Rente ging, mit dem Keyboardspielen seinen Ruhestand begonnen. Später ist er dann auf eine andere Tastatur umgestiegen, auf die des Computers. Einen Kurs wollte Helmut nicht machen. »Ich hab’ selber rumprobiert«, erzählt er. Irgendwie ist er dann bei den Frankenfreaks gelandet. »Meine Computerkenntnisse hab’ ich hier immer weiter verbessern können«, sagt er. Seit acht Jahren ist er dabei.
Nahezu alle Mitglieder sind Autodidakten. Learning by doing, heißt ihre Devise. Das gilt auch für die 83-jährige Irma, Großmutter von zwei erwachsenen, PC-erprobten Enkeln. Sie ist Gründungsmitglied. »Da saßen wir vor zehn Jahren zu acht im ›Petzengarten‹«, erinnert sie sich. Mit dabei war damals auch ein Vertreter der Feierabend-Zentrale in Frankfurt. »Mich hat vor allem der Computer interessiert. Schon wegen der Enkel«, bekennt Irma. Sie genießt jedoch auch die Begegnungen im Treffpunkt »Gutmann«. Heute surft sie versiert im Internet. Da kann es dann schon passieren, dass einer übers weltweite Netz Irma anflötet: »Du gefällst mir sehr.« Dann schreibt Irma ihm zurück: »Sie sind so alt wie mein Sohn.« Irma: »Und dann ist die Sache erledigt.«
Günter Dehn
Kontakt über E-Mail: frankenfreaks@nuernberg.de
oder Tel.: 09170942250

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