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Schwarmintelligenz: Neues aus dem Reich der Fische

In den letzten Tagen ist häufig von “Schwarmintelligenz” gesprochen worden. Meistens im Zusammenhang mit den Plagiatsvorwürfen zur Doktorarbeit des Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg.Das Verhalten von Fischen dient seit langem zum Erklären von Verhaltensweisen der Massen, vorzugsweise im Internet. Eine neue Studie hat weitere Erkenntnisse zu Tage gefördert, die ich hier kurz vorstellen möchte.
Das Prinzip der Demokratie beruht auf der Idee, dass die Gruppe bessere Entscheidungen fällt als das Individuum. Die Entscheidungsfindung dauert jedoch in der Regel länger. Nicht so bei Moskitofischen – im Schwarm sind sie treffsichere Blitzentscheider, denn bei ihnen gilt: Umso größer die Gruppe, desto präziser und schneller die Entscheidung. Forscher des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) konnten in Verhaltensexperimenten an Moskitofischen zeigen, dass die Präzision und die Geschwindigkeit kollektiver Entscheidungen mit der Gruppengröße steigt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die bessere Treffsicherheit in der Entscheidungsfindung auf guter Arbeitsteilung beim Scannen der Umgebung beruht. Das Viele-Augen-sehen-mehr-Prinzip, begleitet von einem guten Informationsaustausch unter den Individuen, macht die Entscheidung nicht nur präziser, sondern auch schneller.
Die Fische waren in größeren Gruppen wesentlich erfolgreicher, einer Raubfisch-Attrappe auszuweichen, als kleine Gruppen oder einzelne Individuen. In einer Gruppe von 16 Fischen lag die Fluchterfolgsquote bei etwa 90 Prozent, einzelne Fischen wählten dagegen nur zu 50 Prozent den sicheren Weg. Die Forscher konnten zeigen, dass die Genauigkeit der Entscheidung zunächst mit der Gruppengröße steigt und die Kurve dann abflacht.
Doch welche Mechanismen nutzt die Gruppe, um Entscheidungen zu optimieren?
Prof. Dr. Jens Krause, einer der Hauptautoren der Studie, sagt: „Wir wollten herausfinden, ob vielleicht einige Fische bessere Entscheidungen treffen als andere. In einer größeren Gruppe gäbe es dann mehr solcher ‚Experten‘ und die Gruppe wäre dadurch klüger. Wiederholte Versuche an Individuen zeigten jedoch keine individuellen Unterschiede in der Fähigkeit Entscheidungen zu treffen. Wir untersuchten daher, ob die einzelnen Fische sich vielleicht die Arbeit aufteilen, so dass jeder nur für einen bestimmten Bereich der Informationssuche zuständig ist. Dabei konnten wir tatsächlich unterschiedliches Verhalten beobachten, wenn die Gruppengröße sich ändert.: Die Frequenz der Richtungswechsel der einzelnen Fische war bei größeren Gruppen reduziert.“
Selbstorganisation (Schwarmverhalten) ist gekennzeichnet durch Interaktion und Informationsaustausch unter den Mitgliedern der Gruppe. Dass Informationen unter den Moskitofischen ausgetauscht werden, konnten die Forscher nachweisen und sie fanden heraus, dass in der Gruppe kaum Zeit durch Informationsaustausch verlorengeht. Im Gegenteil: die Entscheidung wird schneller gefällt, als die von einzelnen Individuen. „Dieses Ergebnis hat uns doch sehr verblüfft, da man oft davon ausgeht, dass Kommunikation Zeit raubt“, so Krause. Auf welche Weise die Moskitofische Informationen weitergeben, werden die Wissenschaftler in Zukunft noch genauer untersuchen.
Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) ist das größte deutsche Zentrum für ökosystemare Forschung an Binnengewässern.
Ich kann allerdings eine gewisse Skepsis nicht verhehlen, was die Übertragbarkeit auf menschliches Verhalten anbelangt. Es gab schon düstere Zeiten, in denen Gruppen grausame und zutiefst unmenschliche Entscheidungen getroffen haben. Trotzdem geht von Studien wie dieser eine gewisse Faszination aus. Ich bin an Hinweisen auf weitere interessante Untersuchungen in diesem Zusammenhang durchaus interessiert.

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