Seit Smartphone und Digitalkamera Einzug gehalten haben, fristet die alte Kleinbildkamera nur noch ein Schattendasein. Was war sie doch früher für ein wichtiges Reiseutensil gewesen! Und wie aufregend war es, mit ihr die schönsten Urlaubsmomente festzuhalten.
Schon vor der Abreise musste man sich einige Gedanken machen. Wie ist das Licht im Hochgebirge oder am Meer? Wie viel ASA muss mein Film haben? Die üblichen 100 oder doch besser 400, weil man mit schlechteren Lichtverhältnissen rechnen muss? Und überhaupt: Wieviele von den kleinen Kapseln soll man mitnehmen? Besser zwei oder drei mehr zur Reserve, denn im Ausland (vor allem in Urlaubsorten) waren Filme genauso unverschämt teuer wie Sonnencreme.
36 Aufnahmen passten normalerweise auf einen Film, aber wenn man das Band geschickt in die Kamera einfädelte, konnte man auch 37 bis 38 Belichtungen herausholen. Blöd war es allerdings, wenn man bei 40 oder 41 Aufnahmen angelangt war. Dann konnte man sicher sein, dass der Film nach der Belichtung wohl gar nicht transportiert worden war und damit der gesamte Filmstreifen unbelichtet geblieben war. Wie ärgerlich! Ein schlimme Panne war es auch, wenn man den Kameradeckel unvorsichtigerweise und aus Versehen öffnete, bevor der Film wieder in die Kapsel zurückgespult worden war. Es gab dann nur die Hoffnung, dass vielleicht das eine oder andere Foto vorm unvorhergesehen Lichteinfall verschont geblieben war und einem das Labor doch noch ein paar taugliche Abzüge oder Dias schicken würde.
Heute unvorstellbar, musste man nach dem Urlaub tagelang warten, ehe man seine Bilder im Fotogeschäft abholen konnte. Wie spannend war es doch zu sehen, ob die Bilder zu hell, zu dunkel oder verwackelt waren.
Ob es diese Kleinbildfilme heute noch gibt? Wenn man sieht, wie viele Menschen sowieso nur noch das Smartphone zum Knipsen benutzen, hält man es kaum für möglich, dass es für die analoge Fotografie überhaupt noch einen Markt gibt. Tatsächlich sind Kleinbild- und Rollfilme nicht nur wieder zu haben, die Auswahl ist größer denn je. Manchmal gibt es aber Produktionsengpässe, dann steigen oder fallen die Preise wie an der Börse. In der jungen Generation ist es wieder schick, analog zu fotografieren. Der Look ist einfach individueller als beim Handybild, das von einer Künstlichen Intelligenz intensiv bearbeitet wird, bevor es der Fotograf auf dem Display zu sehen bekommt.
Mancher Hobbyfotograf wird sich bestimmt noch daran erinnern, dass man seine Filme am besten im Kühlschrank aufbewahrte. Dann konnte man sie guten Gewissens noch einige Zeit übers Haltbarkeitsdatum hinaus verwenden, ohne Farbfehler befürchten zu müssen. Für abgelaufene Filme gibt es heutzutage einen richtigen Liebhabermarkt, denn gerade auf die Farbfehler haben es manche Fotografen abgesehen. Wer beim Stöbern im Hobbyraum jetzt noch ein paar unbelichtete Filme findet, kann auf einschlägigen Online-Märkten sogar noch gutes Geld dafür bekommen.
Text: Wolfgang Gillitzer/Georg Klietz
Foto: Wolfgang Gillitzer