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Fairpachten: Ertrag steht nicht im Vordergrund

Mit den guten Ratschlägen von Barbara Ströll hat Rudolf Reuther ein Konzept für die künftige Bewirtschaftung seines Ackers erstellt.

Achtsamkeit ist für Rudolf Reuther ein ganz wichtiger Begriff – ohne sie wäre er vielleicht nicht auf die Idee gekommen, in der Landwirtschaft neue Wege zu gehen. In einem Landstrich in Westmittelfranken, der von Monokultur geprägt ist und in dem der Maisanbau für Biogasanlagen mitunter bis zum Horizont reicht, möchte er auf ökologischen Landbau umstellen. Ihm gehört zwar der sieben Hektar große Acker, den er aufwerten will, doch er kann ihn nicht selbst bewirtschaften und hat ihn verpachtet. Wie findet er einen Pächter, der seine Ideen umsetzen kann?

Mit dieser Frage ist Reuther nicht allein: Gerade vollzieht sich ein Generationenwechsel. Ältere Landwirte geben ihren Grund ab oder vererben ihn, ganz gleich, ob sie ihn selbst beackern oder verpachtet haben. Und die Nachfolger übernehmen ihn in einer Zeit, in der ökologisch orientierte, bäuerliche Landwirtschaft wieder an Bedeutung gewinnt. 

Das Projekt unterstützt auch ältere Bauern beim ökologischen Landbau

Reuther, Anfang 60, der in Nürnberg wohnt und dort im Martha-Maria-Krankenhaus als Altenpfleger arbeitet, hatte den sieben Hektar großen Acker und die drei Hektar Wiese von seinem 2018 verstorbenen Vater geerbt. »Er war sein Leben lang ein leidenschaftlicher Landwirt«, sagt der Sohn. Der Senior hatte das Land auch schon verpachtet. Für ihn zählte ein maximaler Ertrag. Der Pachtvertrag lief im Sommer aus, und diese Gelegenheit wollte Reuther für eine Veränderung nutzen. Er  erklärt das so: »Was mein Vater aus dem Feld herausgeholt hat, möchte ich dem Feld wieder zurückgeben.« Also will er weg von der Monokultur (»da lebt halt nichts«) hin zu Vielfalt und Artenreichtum im Erdreich.

Als er sich nach Möglichkeiten umsah, stieß er auf Fairpachten, ein Projekt des Naturschutzbundes, die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe und deren kostenloses Beratungs- und Informationsangebot für alle, die landwirtschaftliche Flächen verpachten und sich mehr Natur wünschen. Ihn habe das sofort angesprochen – immer mit der Frage im Hintergrund: »Wie sage ich es meinem Pächter?« Reuther verhehlt nicht, dass er bei fairem Verpachten auch ans Finanzielle dachte und daher nicht gleich an »eine Umstellung auf Komplett-Bio«. Denn immerhin gehe es um einen ziemlich großen, bislang rein wirtschaftlichen Betrieb. Dass eine Art Mittelweg möglich ist und der Acker dennoch ökologisch bewirtschaftet werden kann, erfuhr er, als sich Fairpachten auf Einladung der Gemeinde Herrieden (Landkreis Ansbach) bei einer Video-Konferenz vorstellte. Er hat sich weiter informiert und lernte Barbara Ströll kennen.

Rechte und Pflichten wurden schriftlich festgehalten

Die Diplom-Biologin und Umweltpädagogin ist seit 20 Jahren rund um die Themen Biodiversität, Landwirtschaft, Imkerei und Ernährung tätig. Sie war Projektmanagerin einer Bayerischen Öko-Modellregion und ist nun für die NABU-Stiftung Regionalbeauftragte für Fairpachten in Mittelfranken. Sie hat schon mehreren Landwirten, älteren und jüngeren, bei der Umstellung auf Öko geholfen und kann dazu auch einen Muster-Pachtvertrag anbieten, der juristisch korrekt Rechte und Pflichten beider Seiten festlegt. 

Bevor sich Reuther festlegte, wollte er noch einmal mit seinem Pächter reden. »Er war für mehr Natur aufgeschlossen, auch wenn der Ertrag zurückgeht«, betont Reuther. Im Ort dagegen habe anfangs noch Skepsis geherrscht, denn er war der erste, der auf mehr Öko umstellen wollte. 

Er und Barbara Ströll legten zunächst in den Grundzügen fest, wie Reuthers Vorstellungen über den Anbau und die ökologischen Anforderungen auf einen Nenner gebracht werden können. In jedem Fall sollten heimische Hecken und Bäume am Ackerrand angepflanzt werden – er selbst hatte das schon mal auf eigene Faust versucht, kam aber zu weit auf gemeindeeigenes Gebiet und musste einen Teil wieder entfernen. Ströll dagegen konnte auf praktische Erfahrungen und Erkenntnisse der NABU-Stiftung zurückgreifen, welche Bepflanzung mehr Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit und Klimaschutz schafft.

Etliche Maßnahmen werden bezuschusst

Dann kam der Tag, an dem die Beraterin ihren Plan vor Ort präsentierte, auf dem Grundstück von Rudolf Reuther in Gunzendorf, einem Ortsteil von Geslau im Westen des Landkreises Ansbach. Hecken und Bäume sind eingezeichnet, dazu ein Grünzug für Insekten und Vögel zur benachbarten Wiese zumindest skizziert.  Für die Hecken hat Ströll nicht nur den Plan, sondern auch praktische Tipps. Sie empfahl, den Landschaftspflegeverband einzubeziehen, der für Mitglieder ein fachlich passendes Konzept ausarbeitet, damit Art und Breite der Hecken ökologisch sinnvoll sind, und der die Bepflanzung und das Einzäunen übernimmt. Für die Maßnahme gibt es sogar Zuschüsse. »Ich muss nur 20 Prozent selbst zahlen und mich die nächsten Jahre ums Gießen kümmern, alles andere wird mir abgenommen«, freut sich Reuther.

Der große Acker selbst soll geteilt werden. Hier kommt sogar die Wildbiene vor, sie findet aber zu wenig Nahrung. Mit einer Änderung der Fruchtfolge und einem quer oder diagonal angelegten Blühstreifen könnte man eine Biotop-Vernetzung erzielen, sagt Ströll. Dafür gebe es auch Zuschüsse aus dem bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULP) für »Agrarumweltleistungen der Landwirtschaft«. Welche Zuschüsse er im einzelnen in Anspruch nehme, müsse letztlich der Pächter entscheiden, betont Ströll. 

Das Modell des Fairpachtens ist also durchaus auch für ältere Landwirte attraktiv, die noch erleben wollen, wie sich auf ihrem Ackerland die Natur wieder entfalten kann. Auf Rudolf Reuthers Besitz in Gunzendorf ist es bald soweit: Am 3. Oktober haben er als Eigentümer und sein Pächter den neuen ökologisch orientierten fairen Pachtvertrag unterzeichnet. 

Text: Herbert Fuehr
Foto: Claus Felix

Infos: Weitere Informationen unter www.fairpachten.org

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