Hello All, Karikaturisten lieben uns Alte – als Motiv. Mit wenigen Strichen schaffen Profi-Karikaturisten unser unverkennbares Abbild. Deutliche Falten, üppige Nasen und Ohren und der Schwerkraft gehorchende Gesichtszüge spendieren uns ungefragt diese Einzigartigkeit. Tröstlich: Das Alter modelliert allmählich einen jeden von uns zum Charakterkopf. Gealterte Gestalten sind besonders vielsagend, weil über die Jahrzehnte hinweg die individuellen Gesten, Haltung und Mimik allmählich unauslöschbare Spuren in den Körper gravieren. Karikaturen bestechen durch das Weglassen vom Allgemeinen und Überzeichnen der Spezifika. Manche Senioren scheinen die Arbeit der Karikaturisten überflüssig und sich ungewollt selbst zur Karikatur zu machen. Durch zunehmend eingeschränktes Verhaltensrepertoire, vereinfachte Denkmuster und berechenbare, reduzierte Reaktionen. In der Wahrnehmung der Familie verstärken sich die altbekannten löblichen wie unangenehmeren Eigenschaften der Alten. So leicht brauchen wir es den Jüngeren doch nicht zu machen mit dem holzschnittartigen Bild von uns! Da kommt uns Senioren eine weitere Eigenart gut zupass, die man uns meist unbeanstandet durchgehen lässt: eine gewisse Kauzigkeit. So ein paar gut eingepflegte Marotten, geben uns mehr Profil. Die aber beizeiten ändern. Bloß nicht zu berechenbar, zu routiniert werden. Abwechslung hält uns munter, lässt uns interessant erscheinen.
In Ostasien verbietet der Respekt vor dem Alter lächerliche Abbildungen der Altvorderen. Strenge Muslime ebenso. So strenge brauche ich es nun auch wider nicht. Hier mein Vorschlag, werte Altersgenossen: Brechen wir ab und zu aus dem eingefahrenen Trott aus; trauen wir uns zu unerwarteten Zeitpunkten was Neues, Ungewöhnliches, am besten was besonders Schönes. Damit wir nicht zu leicht, zu früh, mit zu wenig Strichen zu karikieren sind.
Ihr Global Oldie