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Gesetze brauchen den Generationen-Check

Bundestagsabgeordneter Michael Frieser könnte sich vorstellen, später einmal ins Sebastianspital zu ziehen. Foto: Michael Matejka
Bundestagsabgeordneter Michael Frieser könnte sich vorstellen, später einmal ins
Sebastianspital zu ziehen.
Foto: Michael Matejka

Michael Frieser gehört zum geburtenstärksten Jahrgang, den es in der Bundesrepublik je gegeben hat. Als er 1964 das Licht der Welt erblickte, dachte noch niemand daran, dass einmal eine alternde Gesellschaft eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts darstellen würde. Inzwischen ist der CSU-Bundestagsabgeordnete gerade 50 Jahre alt geworden und fühlt sich noch weit weg vom Rentenalter. Dennoch beschäftigt sich der Nürnberger intensiv mit dem demografischen Wandel – schließlich ist er der erste Demografiebeauftragte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Kritik an der Maßnahmenflut
Wenn Frieser über seine neuen Aufgaben spricht, denkt er in größeren Zusammenhängen. Für ihn ist es wichtig, den Alltag so zu gestalten, dass ihn Menschen jeglichen Lebens-alters meistern können. Das bedeutet unter anderem, dass auch Hochbetagte noch Zugang zu Dienstleistungen haben, auch wenn sie mit dem technischen Fortschritt nicht mehr mithalten können oder nicht mehr so mobil sind. Ein Instrument, um diesen Anspruch Wirklichkeit werden zu lassen, ist der »Demografie-Check«. Darunter versteht Frieser die Prüfung von Gesetzesvorhaben im Hinblick auf die Auswirkungen für die ältere Bevölkerung. »Man muss sich fragen, ob ein Gesetz in fünf Jahren angesichts der Entwicklung noch Sinn macht«, führt Frieser aus. Diese Betrachtungsweise geht einmal Richtung alternde Gesellschaft, aber auch darüber hinaus. Denn der demografische Faktor umfasst den gesamten Altersaufbau der Bevölkerung. »Wir haben 157 Familien- und Ehestandsförderprogramme«, erklärt er und kritisiert allein schon diese Flut von Maßnahmen. Ob sie alle sinnvoll sind, könne er nicht entscheiden. Dafür sei er noch zu kurz im Amt.
Durch die Zuordnung seiner Tätigkeit innerhalb der Bundesregierung hat das Wort des Demografiebeauftragten Gewicht. Er berichtet direkt an Innenminister Thomas de Maizière, den Frieser auch als »Demografieminister« bezeichnet. Natürlich wirke das Thema in andere Ressorts hinein. Einen großen Schwerpunkt bilden Bauen und Infrastruktur gerade im ländlichen Raum. »Die Dörfer werden kleiner, in manchen Regionen führt die Landflucht zu einer drastischen Ausdünnung der Bevölkerung«, mahnt Frieser. Hier gehe es um die angemessene Versorgung der Menschen, die in
ihren Dörfern bleiben. Gleichzeitig könne man nicht in jedem Landstrich beispielsweise eine Kfz-Zulassungsstelle erhalten, wenn kaum noch jemand dort lebe. Deshalb müsse eine Infrastruktur geschaffen werden, die flexibel genug ist.
Dies könnte durch öffentlich betriebene Fahrdienste gewährleistet werden, die betagte Bürger zu den Ämtern bringen, oder durch staatlich geförderte Kurse, um Senioren den Zugang zu elektronischen Medien zu erleichtern. »Wir können nicht zum Lagerfeuer zurückkehren, sondern die Nutzung des Internets muss ausgebaut werden«, ist Frieser überzeugt. Das sei eine staatliche Aufgabe. Im kommunalen Bereich existierten bereits vorbildliche Projekte. Ein Pendlerbus in einer Stadt in Niedersachsen, der regelmäßig den älteren Bürgern kostenlos eine Einkaufstour anbietet, fällt dem Politiker als Beispiel ein.
Frieser appelliert aber auch an die Senioren, die häufig noch jenseits der 70 eine große Lebenskraft und Heiterkeit ausstrahlen, nicht so leise und bescheiden zu sein. »Diese Zurückhaltung ist nicht mehr zeitgemäß«, meint er. Sie sollten Forderungen erheben an die Politik, damit diese die Bedingungen für die älteren Bürger optimiert. Das gelte auch für eine Personengruppe, an die nur wenige denken: Migranten, die von wachsender Altersarmut betroffen sind.
Und wie stellt sich der Demografiebeauftragte sein eigenes Alter vor? Da zitiert er die benediktinischen Regeln, nach denen Menschlichkeit, Demut und heitere Gelassenheit seinen Lebensabend bestimmen sollen. Diesen würde Frieser am liebsten in einer Wohngemeinschaft verbringen, die über Rückzugsorte verfügt. Vorbilder für einen gelassenen Umgang mit den Erschwernissen des Alterns findet er im Freundeskreis seiner Eltern, sagt der 50-Jährige. Seiner Heimatstadt Nürnberg stellt er übrigens ein gutes Zeugnis aus, was die Angebote für ältere Bürger betrifft. Dabei denkt er unter anderem an den modernisierten Komplex des Sebastianspitals mit dem gelungenen Miteinander der Generationen auf dem Gelände, zu dem die Musikhochschule einen großen Teil beitrage.
Petra Nossek-Bock
Foto: Michael Matejka

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