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Hong Kong‘s Midlevel Electric Escalator : Genüssliches Stadtleben in der Vertikalen

vignette_fargel1Hello All, Anhöhen, Steigungen, Treppen und Stufen sind meist wunderbare Elemente eines jeden Stadtbildes; sie gliedern, schaffen Tiefe und Überblick, zunächst für den Betrachter. Für den Benutzer hingegen können sie sich als kleine sportliche Übungen, größere Herausforderungen oder gar veritable Hindernisse erweisen. Nicht nur für Eltern mit Kinderwagen, Kleinkinder, verunglückte Sportskanonen im Gehgips, sondern, ja, sind wir mal halbwegs ehrlich, auch für jene von uns mit den reifenden Gelenken. Das ganze vielleicht noch garniert mit gleißender Sonnenstrahlen von oben – und fertig ist der Missmut. Eine großartige Lösung für solche Verstimmungen hat man in Hong Kong auf der Hauptinsel Victoria gefunden; jener Stadt mit fast aberwitzig steilen Bergflanken, gewundenen Bergstraßen, endlosen Treppen und in den Himmel ragenden Hochhäusern.
Seit 1993 schlängelt sich die weltweit längste Freiluftrolltreppe durch die Häuserzeilen aus Meereshöhe in die mittlere Bergflanke des Peaks. In zwanzig Rolltreppenabsätze und drei Laufbänder untergliedert, baggert der Midlevel Electric Escalator täglich zwischen 35 – 50.000 Bewohner von den oben gelegenen Wohnbezirken in die unten gelegenen Arbeitsstätten und Geschäfte . Vormittags bis 10 Uhr geht’s nach unten. Ab 10 Uhr läuft die Rolltreppe bergauf. Bis tief in die Nacht. Überdacht, wegen der Sonne oder der hier bisweilen heftigen Regen. Umsonst und mit einem kleinen Gewinn: Wer den Midlevel Electric Escalator nutzt, bekommt an einer Mautstelle auf seine „ Octopus- Prepaid Karte“ für die öffentlichen Verkehrsmittel sogar noch einige Dollar gutgeschrieben, weil man damit Busse, Taxen und Straßen entlastet. Man kann es gemächlich angehen lassen, einfach stehen bleiben, den einen oder anderen Schritt zum nächsten Band – und schon gleitet man 800 Meter lang bis auf 135 Höhenmeter durch die vertikale Stadt. Parallel zur Rolltreppe winden sich die alten Treppen und Steilwege, an deren Rand hunderte kleinere Geschäfte, vor allem aber nun Lokale, Bars und Cafés den schrägen Boulevard säumen. Aus einer Via Mala der schweißgebadeten Rauf- und Runterhetzenden ist ein urbaner Streifen fast kleinstädtischer Idylle entstanden. Jederzeit kann man die Rolltreppenfahrt unterbrechen, links und rechts in die Seitenstraßen abbiegen, zu den dortigen Geschäften, Hauseingängen und sich auf Parkbänken oder den „Strassen/Treppen“- Cafés niederlassen. Nicht nur für Berufstätige, die sich nunmehr Zeit und Kosten sparen, ist die Mammut-Rolltreppe ein Segen. Auch für die eingangs erwähnten Kinderwagenschieber, Kleinkinder, Gehgipstragenden und Gelenk-Herzgeschädigten ist aus der steilen Herausforderung ein Ort des Genießens geworden. Ständig begegnen sich auf der Treppenmeile Nachbarn, Kollegen, Bekannte und verschwatzen schon mal die zwanzig Minuten Aufstieg im Stehen oder Schlendern, während sie mühelos an Höhe gewinnen. Auf der Treppe stehen Reiche mit den Ärmeren genauso wie Jung neben Alt, westliche „Expatriates“ zusammen mit Einheimischen, Gastarbeitern oder Touristen – zwanzig Minuten Zeit für einen Blick, ein Wort, ein Witz oder später auch mal mehr. Der Eletric Escalator ist zudem ein perfektes Entschleunigungsgerät, das selbst die emsigen Hong Kongianer aus dem 20.000 Hertz Takt des hiesigen Arbeitsrhythmus herausholt.
Wann immer ich hier bin, ich muss diese Rolltreppe ein paar Mal raufgleiten und mich an ihr runter trollen – früher in Minuten, jetzt – ja in Stunden. Mal tagsüber mit den Nanies, Müttern und Alten, Mal abends mit der Feierabend- und Partymenge. Nie langweilig, nie anstrengend. Obwohl doch Treppensteigen an sich gesund wäre, aber längst nicht so gesellig und lässig.
Mein Tipp an unsere Stadtplaner: spendiert uns auch so ein Ding, da und dort.
Ihr Global Oldie

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