Im Großraum Nürnberg haben mittler-weile die meisten Fahrradhändler Elektrofahrräder, so genannte Pedelecs, im Angebot. Bei einer Umfrage von sechs+sechzig bestätigten die lokalen Händler den bundesweiten Trend zum E-Bike. »Wir führen zwar nur eine Marke«, erläutert zum Beispiel Peter Langhammer von »Pedalkraft« im Nürnberger Stadtteil Kleinweidenmühle, »haben aber verschiedene Versionen«. Andere Händler, wie etwa »Fahrrad Herbst« in der Nürnberger Südstadt oder der Laden von Udo Hutzler in Erlenstegen, führen mehrere Marken. Wieder andere Händler zögern noch. Sie trauen einerseits der Entwicklung noch nicht so recht – oder ihre Verkaufsräume sind einfach zu klein für weitere Modelle.
Der Trend hin zu Elektrorädern ist jedenfalls eindeutig: So wurden nach Angaben des Zweiradindustrieverbandes ZIV im Jahr 2010 insgesamt etwa 200.000 Räder mit elektrischen Hilfsmotoren an den Mann oder die Frau gebracht. 2011 waren es schon 300.000. Das sind zwar nur etwa 6,5 Prozent der insgesamt verkauften 4,6 Millionen Fahrräder in Deutschland. Die Steige-rungsraten aber lassen die Händler auf gute Umsätze hoffen. Zumal auch neue Käuferschichten hinzukommen. »Die Älteren sind nicht mehr allein«, bestätigt Wolfdieter Fronemann, Niederlassungsleiter bei Stadler, dem größten Fahrrad-Händler im Großraum mit einer Auswahl von zehn verschiedenen Marken. »Auch immer mehr jüngere Geschäftsleute nutzen die Elektroräder, mit denen sie ohne Staus und ohne Schwitzen im Anzug ans Ziel kommen«.
Überzeugendes Design
Kaum mehr problematisch ist das Design der Elektroräder. Sie werden in allen Variationen angeboten, von Stadt- über Tourenräder bis hin zu sportlichen Mountainbikes. Sogar Klappräder mit E-Motor sind auf dem Markt. Besucht man mittelgroße Händler wie Zentralrad in Fürth oder den Platzhirsch Stadler im Nürnberger Südwesten, trifft man dort auf eine große Auswahl eleganter Räder, die sich deutlich von ihren schwerfälligeren Schwestern, den Mofas, unterscheiden. Die Motoren sind mittlerweile leicht und kaum größer als manche integrierte Lichtanlage. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass das Display nicht zu klein ist und man es – auch nachts – gut lesen kann. Die Schalthebel zur Energieregelung sollten so konstruiert sein, dass man sie erreicht, ohne die Hände von der Lenkstange nehmen zu müssen. Schön ist es, wenn der Elektromotor eine sogenannte Anfahrhilfe hat. Damit erhält der Fahrer beim Schieben seines Elektrorads eine Motorunterstützung, was vor allem bergauf angenehm ist. Nach einem Ampelstopp kann man allein mit Hilfe des E-Motors losfahren, muss dann aber treten, um weiterzukommen.
Die Elektromotoren werden als Nabenmotor im Vorderrad, in der Mitte oder im Hinterrad verbaut. Bei den Motoren gilt grund-sätzlich: Front- und Hinterradmotoren beeinträchtigen durch ihr Gewicht möglicherweise die Fahreigenschaften (Vorderrad und Rahmen können flattern). Für die Stabilität sind Elektromotoren in der Mitte am besten. Wer einen Motor am Vorderrad wählt, kann sich auch für eine Rücktritt-Bremse entscheiden. Wer sein Rad nur in einer (nicht sehr hügeligen) Ortschaft bewegt, dem reicht ein Frontmotor, da dieser eher sanft beschleunigt. Mittelmotoren hingegen sollten Radler wählen, die auch mal mit Gepäck auf Touren gehen wollen. Zwar verfügen alle Motorenarten auf dem Papier über eine ähnlich Leistung (meist 250 Watt) – in der Praxis bringt der Mittelmotor aber mehr Schubkraft auf die Straße.
Probefahrt bringt Gewissheit
Wer ein Pedelec beim Händler ausprobiert, sollte unbedingt einmal ohne eingeschalteten Motor fahren. Nur so erfährt man, wie sich das Rad verhält, wenn einmal der »Saft« ausgeht. Denn sowohl der Motor als auch die Akkus haben ihr Gewicht – und mit Elektro-Unterstützung zu radeln, geht nur, wenn der Akku voll geladen ist. Die »Tankstelle« dafür ist eine gewöhnliche Steckdose. Zwei bis neun Stunden dauert das Aufladen, das man bis zu 800 Mal durchführen kann. Je älter die Akkus werden, desto weniger erreichen sie allerdings ihre ursprüngliche Kapazität. Das gilt besonders für Blei-Akkus. Die besonders leichten und zunehmend verwendeten Lithium-Akkus können Probleme bei Frost machen. Je nach dem, ob man sich in einer bergigen Gegend oder im Flachland bewegt, ob man den Akku dauernd oder nur zeitweise benutzt, kann man damit zwischen 60 und 140 Kilometer weit fahren. Für einen Tagesausflug von 40 bis 50 Kilometer reichen sie auf jeden Fall. Wichtig ist auch, dass die Batterien in einer abschließbaren Halterung vor Diebstahl geschützt werden können. Dies wiederum kann das Auswechseln erschweren. Beim Händler sollten sich Kaufinteressenten also das Auswechseln der Batterie nicht nur zeigen lassen, sondern es gleich selbst probieren.
Ein Problem bei E-Bikes ist das Gewicht von 18 und 27 Kilogramm – die müssen erst einmal bewegt, das Rad möglicherweise in Bus und Bahn gehoben werden. Im Laden heißt es also: unbedingt vor dem Kauf das Pedelec anheben. Ist es zu schwer, sollte man es mit einem leichteren versuchen. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der Einstieg: Je tiefer er ist, umso leichter wird das Auf- wie das Absteigen. Die meisten Händler bieten eine Reihe E-Bikes mit tiefem Einstieg an, aber auch solche mit Diamant- oder Trapezrahmen, wie man sie von Rennrädern beziehungsweise neueren Damenrädern kennt. Vorteile: Sie sind eindeutig stabiler und flattern bei höheren Geschwindigkeiten weniger oder gar nicht.
Insgesamt ist das Fahren mit Elektrorädern bequem und kann durchaus schnell sein. Die Kräfte, die auf Rahmen und Bremsen wirken, sind dann allerdings enorm. Bei langsameren Stadträdern können Felgenbremsen ausreichen. Grundsätzlich empfehlen sich aber Scheibenbremsen, wenn man schnell unterwegs ist. Beim Händler oder auf einer wenig befahrenen Straße sollte man deshalb ruhig einmal das Bremsverhalten des Pedelec bei höherer Geschwindigkeit testen.
Beim Kauf eines E-Rads gibt es also einiges zu bedenken. Vor allem, weil man für einen solchen Drahtesel im Verhältnis viel Geld hinlegt. »Unter 1.800 Euro ist ein gutes und sicheres Rad nicht zu haben«, meint Wolfdieter Fronemann.
Rainer Büschel
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