Anzeige

So überstehen Senioren die Hitze besser

Dass der Klimawandel längst in Deutschland angekommen ist, mag wohl kaum noch jemand bestreiten. Weniger stark im Blick ist bislang die Tatsache, dass die Zunahme von Hitzeperioden auch gesundheitliche Risiken mit sich bringt – und zwar ganz besonders für Babys, Kleinkinder, chronisch Kranke und ältere Menschen.

Das Seniorenamt der Stadt Nürnberg will das ändern und in Kooperation mit den Seniorennetzwerken der Frage nachgehen, wie und durch welche Maßnahmen Betroffene in Hitzeperioden unterstützt werden können. Das sei unbedingt sinnvoll, meint auch die Medizinerin Annette Jost-Pluschke, die die Folgen des Klimawandels schon länger in ihrer Praxis spürt: Während längerer Hitzeperioden gibt es mehr Hausbesuche infolge von Kreislaufproblemen, ältere Patienten sagen häufiger Termine ab, weil sie das Haus nicht verlassen wollen.

Mit dem Alter nimmt der Wassergehalt des Körpers ab

Aber auch die medizinischen Hitzefolgen musste die Hausärztin, die zum Auftakt der städtischen Aktivitäten vor den Koordinatoren der Seniorennetzwerke über das Thema sprach, schon häufiger verarzten. Nähern sich die Temperaturen der 30-Grad-Grenze, seien schon Vorsichtsmaßnahmen für die besonders vulnerablen Gruppen nötig, sagt Jost-Pluschke, die im Gesundheitsnetz Qualität und Effizienz Mitglied ist. Ganz Kleine und Ältere schwitzen weniger und können dadurch weniger Wärme abgeben, der Körper überhitzt. Mit dem Alter nimmt zudem der Wassergehalt des Körpers ab – mit der Folge, dass sich der Wasserverlust durch Schwitzen viel stärker auf den Organismus auswirkt als bei Jungen und Gesunden. Die Hautdurchblutung ist im Alter geringer und so kann weniger Wärme abgegeben werden. Wenn Abkühlung durch Schwitzen nicht mehr möglich ist, steigt die Körpertemperatur, ein Hitzschlag droht.

Weil gleichzeitig im Alter oft das Durstgefühl nachlässt, trinken Senioren weniger und verschärfen damit ungewollt die Probleme. Erst recht, wenn sie womöglich noch entwässernde Medikamente einnehmen müssen oder vor dem Ausgehen bewusst weniger trinken, weil sie nicht gleich nach einer Toilette suchen wollen. Extreme Hitzetage seien für Ältere »so anstrengend wie ein Berglauf«, betont Jost-Pluschke: »Der Puls beschleunigt sich, die Atemfrequenz steigt, der Blutdruck sinkt.«

Die Hitze macht was mit den Menschen

Akute körperliche Gefahren, die bei Älteren auch lebensbedrohlich werden können, sind aber nur eine Auswirkung von Hitzeperioden. »Völlig unterschätzt werden die psychischen Folgen«, betont die Medizinerin. »Die Hitze macht was mit den Menschen.« Sie fühlten sich schwach, eingeschränkt und ausgeliefert und bräuchten Hilfe. 

 Es gebe keine kritische Altersgrenze für gesundheitliche Störungen und Folgen von Hitze, meint Jost-Pluschke. »Das hängt sehr vom allgemeinen Gesundheitszustand und der Lebenszufriedenheit ab. Menschen, die sich viel bewegen, ausgewogen ernähren, in der Natur unterwegs sind und sozial gut eingebunden sind, machen uns eher keine Sorgen.« Alle anderen will das Seniorenamt künftig besser vor den Gefahren warnen und dafür auch Multiplikatoren mit ins Boot holen. »Es ist ein wichtiges Thema, das wir im Auge behalten wollen« betont Karin Gallert vom Fachbereich Quartiersentwicklung und Seniorennetzwerke im Seniorenamt. »Und wir wollen herausfinden, was wir als Kommune tun können.« Braucht es spezielle Koordinatoren, die ältere Menschen durch Hitzeperioden begleiten? Oder geht es eher um simple Maßnahmen wie öffentliche Trinkbrunnen? Sollten Veranstaltungen auf andere Zeiten verlegt werden? Auf diese und weitere Fragen will das Seniorenamt laut Gallert eine Antwort suchen. 

Hausärzte seien dabei auf jeden Fall wichtige Ansprechpartner, ebenso könne man die Nachbarschaft sensibilisieren. Am Anfang könnte eine Aufklärungskampagne stehen – so, wie es die Stadt Köln schon vorgemacht hat. Mit flotten Sprüchen und zum Teil auch in Mundart hat die Stadtverwaltung besonders gefährdeten Gruppen Tipps zum richtigen Verhalten bei extremer Hitze gegeben.

Aufeinander aufpassen

Und damit sei schon einiges gewonnen, findet auch Jost-Pluschke. Denn im Grunde geht es um einige wenige simple Regeln. Auch wenn es banal klingt: Genügend trinken, Abkühlung suchen, Pausen machen und aufeinander aufpassen, das gehöre unbedingt dazu, betont die Medizinerin. Die meisten Hausrezepte sind längst bekannt: Zum Trinken empfiehlt sich Wasser, nicht zu kalt, oder abgekühlter Kräuter- und Früchtetee. 

Im Haus oder in der Wohnung hilft es, die Räume abzudunkeln und feuchte Tücher aufzuhängen oder auf die Haut zu legen. Lüften sollte man, wenn es kühler ist, frühmorgens oder nachts, tagsüber sollte man sich, wenn möglich, in kühleren, nicht nach Süden ausgerichteten Räumen aufhalten. Die Raumtemperatur sollte 25 Grad möglichst nicht überschreiten. Um den Körper abzukühlen, könne man Eiswürfel lutschen oder kühl duschen, rät die Ärztin. Handventilatoren können ebenso helfen wie ein paar Sprühstöße Wasser zur Befeuchtung von Armen und Gesicht. »Im Grunde sind es viele Kleinigkeiten, die besser über die Hitzewelle helfen sollen.« Doch notwendig seien auch entschiedene Maßnahmen gegen den Klimawandel. »Wir müssen alle aus unserer Komfortzone raus und an den Bedingungen etwas ändern.«

Text: Silke Roennefahrt
Foto: pexels.com/kristina-paukshtite, Anna Armbrust auf Pixabay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Skip to content